Masarykova univerzita v Brně Filozofická fakulta Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky Překladatelství německého jazyka
Mgr. Jitka Procházková
Die Novelle Das Marmorbild von Joseph von Eichendorff: Vergleich der tschechischen Übersetzungen unter ausgewählten Aspekten Magisterská diplomová práce
Vedoucí práce: prof. PhDr. Jiří Munzar, CSc. 2014
Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst und andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
…………………………………
Mein besonderer Dank gilt Herrn prof. PhDr. Jiří Munzar, CSc. für seine Ratschläge und geduldige Begleitung während der Abfassung der vorliegenden Arbeit.
Inhaltsverzeichnis 1
Einleitung ......................................................................................................................................... 5
2
Theoretischer Teil ............................................................................................................................ 6
3
2.1
Übersetzung der literarischen Texte – die ästhetische Funktion ............................................ 6
2.2
Die Sprache der Übersetzung .................................................................................................. 7
2.3
Tschechische Übersetzer und Herausgabe der Novelle Das Marmorbild ............................... 8
Praktischer Teil .............................................................................................................................. 11 3.1
Rechtschreibung .................................................................................................................... 11
3.2
Grammatische Ebene – morphologisch–syntaktische Unterschiede .................................... 12
3.2.1
Der Transgressiv ............................................................................................................ 12
3.2.2
Morphosyntaktische/grammatische Unterschiede....................................................... 16
3.2.3
Syntaktische Besonderheiten /Merkwürdigkeiten........................................................ 21
3.3
Lexikalische Ebene ................................................................................................................. 26
3.3.1
Nomina Propria ............................................................................................................. 26
3.3.2
Lexikalische Stilelemente .............................................................................................. 28
3.3.3
Archaismen .................................................................................................................... 29
3.3.4
Verarmung und Bereicherung des Originaltextes ......................................................... 34
3.3.5
Präpositionen ................................................................................................................ 40
3.4
Stilistische Ebene ................................................................................................................... 41
3.4.1 3.5
Bildliche Beschaffenheit des literarischen Kunstwerks ................................................. 41
Fortunatos Lied...................................................................................................................... 51
4
Zusammenfassung ......................................................................................................................... 58
5
Quellen .......................................................................................................................................... 59
1 Einleitung Joseph von Eichendorff ist ein bedeutender Vertreter der deutschen Romantik. Dieser Satz hat fast keine Aussage. Suchen wir aber etwas mehr von diesem Autor, ist es das Erste, was wir von ihm erfahren können. Fragen wir weiter, warum er so hoch bewertet wird, kommen wir zu seinem bekanntesten Werk Aus dem Leben eines Taugenichst. Obwohl Eichendorff Autor von Romanen, zahlreichen Gedichten und auch anderen Novellen ist, bleibt letztendlich „nur― eine Novelle in Erinnerung. Für manche Autoren von heute wäre es ein Traum, wenn „nur― ein Werk (oder besser Werke) ohne Bezug zum Schöpfer im Gedächtnis bleiben würde, denn der Autor wird meistens zusammen mit dem Werk analysiert und es werden Zusammenhänge zwischen dem Werk und dem Leben des Autors gesucht. Die Rezeption, bzw. das Interesse an einem Autor beweisen auch Übersetzungen, die herausgegeben werden. Sehen wir auf die Geschichte der Übertragungen Eichendorffs Werke zurück, stellen wir fest, dass am meinsten Aus dem Leben eines Taugenichst ins Tschechische übersetzt wurde. Die Popularität dieser Novelle hat ein anderes Werk in den Schatten gestellt, Das Marmorbild. Auch eine Novelle, oder Märchennovelle, welche weniger träumerisch als Aus dem Leben eines Taugenichst wirkt. Es ist eher ein Werdegang zum Christentum und zu einer eigenen Dichtkunst. Es sind nicht nur lyrische Bilder und Gedichte oder Sprache, die das Werk anbieten kann, sondern auch eine gewisse existenzielle Tiefe, die dem gegenwärtigen Leser nicht so entfernt sein könnte. Deswegen war es immer sinnvoll, diese Novelle (oder auch andere Werke) zu übersetzen, damit der tschechische Leser nicht nur das Bekannteste von Eichendorff kennen lernen kann, sondern auch andere Werke, die im Laufe der Zeit auf das Abstellgleis gerieten. Das Ziel dieser Arbeit ist die existierenden Übersetzungen der Novelle Das Marmobild mit dem Original und auch zwischeneinander zu vergleichen und zu zeigen, ob es wirklich sinvoll ist, ein Werk wieder neu zu übersetzen und dem Leser neu vorzustellen.
5
2 Theoretischer Teil 2.1 Übersetzung der literarischen Texte – die ästhetische Funktion Texte lassen sich in Textsorten gliedern. In Texten, die wir als künstlerisch bezeichnen, überwiegt die ästhetische Funktion. Es ist nicht auszuschließen, dass dies z. B. auch in Alltagsgesprächen vorkommen kann. Künstlerische Texte sind deswegen so stilisiert um die Phantasie des Lesers anzuregen. Es ist die Eigenart der künstlerischen Texte, die sie dadurch von der Gebrauchsprosa unterscheidet.1 Sie sollen den Leser zum Denken bewegen und er soll den künstlerischen Text komplex wahrnehmen. Laut Jan Mukařovský2 ergibt sich die ästhetische Funktion durch drei Grundformen: Isolation einer bestimmten Sache, eines bestimmten Phänomens oder einer bestimmten Person, also die Aufmerksamkeit zu fesseln, weiter Herzenlust zu bewirken und die Fähigkeit andere Funktionen zu ersetzen, die die Sache während des Verlaufs verlor. Die ästhetische Funktion ist ergo mit der Form eng verbunden und ein beliebiger Gegenstand oder ein beliebiges Geschehen kann sie in sich tragen. Dies hängt mit der ästhetischen Norm, die sich ändert und daher nicht stabil ist, zusammen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt kann diese für schön und/oder nicht schön gehalten werden. Die ästhetische Wirkung ist in gewissem Maße subjektiv und hängt von der Persönlichkeit des Empfängers ab. Wenn wir zurück zum Text und zum Übersetzen kehren, stellen wir fest, dass die ästhetische Funktion eines literarischen Textes vom Leser im Verlaufe der Zeit unterschiedlich wahrgenommen wird. Der Zielempfänger eines Barocktextes unterscheidet sich logisch vom Leser des 20. Jh. Es ändert sich nicht nur der Leser der Ausgangssprache, sondern es ändert sich auch der Leser der Zielsprache. Der Text ist üblicherweise auf eine Zielgruppe von Lesern gerichtet. Wäre der Text zum gleichen Zeipunkt übersetzt, könnten wir behaupten, dass der Text in gewissem Maße ähnliche, bzw. gleiche Gruppen von Zielsprachelesern ansprechen sollte. Sicherlich unterscheiden sich der Ausgangsspracheleser und der Zielspracheleser durch ihr jeweiliges gesamtkulturelles und gesamtnationales Gedächtnis und dieses Gedächtnis umfasst nicht nur kulturkundliches, sondern auch literarisches Wissen. Der Umfang dieses fremdländischen Gedächntises beim Zielspracheleser ist geringer als beim Ausgangsspracheleser. Es wird nicht nur Sprache, sondern auch Kultur, die in der Sprache bewahrt ist, übersetzt.3 Der Leser
1
Schnell-Hornby, Mary. Handbuch Translation. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2003, S. 244. Nünning, Ansgar. Lexikon teorie literatury a kultury. Brno: Host, 2006, S. 254. 3 Schnell-Hornby, Mary. Handbuch Translation. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2003, S. 245. 2
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reagiert auf das literarische Werk unter dem Einfluss des Diskurses, in dem er lebt. Werte, die ihm nahe stehen, bekommen dann an eine besonders große Intensität.4 Das ursprüngliche literarische Kunstwerk entsteht als Abbildung und als ein subjektives Umwandeln der objektiven Realität. Das Endergebnis dieses kreativen Prozesses ist ein ästhetischer Inhalt, der im Sprachmaterial realisiert wird. Das Autorensubjekt ist mit dem Diskurs eng verbunden. Die Art und Weise (das Verfahren), wie der Autor z. B. historische Fakten oder Realien auswählt oder ändert, hängt vom Diskurs, in dem er lebt, von Kunstbewegungen, die ihn beeinflussen und auch von seiner Lektüre ab. Der Autor ist ein Bestandteil einer Welt, in der er lebt, und sie spiegelt sich auch in seinem Werk wieder. Aus der anderen Sicht muss der Text, bzw. der Inhalt nicht genau den Realien oder der Zeit des Geschehens entsprechen, sondern es geht in der ersten Linie um die fiktive Welt des Autors, welche Merkmale aus der realen Welt tragen können. Die Realität der Welt kann von der Realität des Autors abweichen und das soll der Übersetzer auch richtig auffassen.5
2.2 Die Sprache der Übersetzung Sprachen lassen sich in gesprochene oder in geschriebene Formen gliedern. Weiters lassen sie sich je nach Bereich, in dem sie verwendet werden, in funktionale, publizistische, juristische, wissenschaftliche usw. Stile gliedern, die wiederum Subgruppen bilden können, wie z. B. Sprache eines wissenschaftlichen Artikels, Sprache eines Lehrbuchs, Sprache eines Werbeinserates, Sprache einer Eröffnugsrede usw. Darüber steht die Sprache des literarischen Kunstwerks. Sie ist jedoch (überwiegend) geschrieben, kann aber sowohl geschriebene Arten des Funktionsstiles, als auch gesprochene Sprache, und zwar in vielen Varianten, umfassen: Dialekt, derbe Umgangssprache, gehobene Sprache und dergleichen. Die sprachliche Ausformung des Textes besitzt Eigenwert. Die Wiedergabe der formalen Elemente in der Übersetzung benötigen größere Aufmerksamkeit, weil sie an der ästhetischen Funktion des Kunstwerks teilnehmen und helfen sie zu schaffen.6 Durch das Lesen wird der Prozes der Wahrnehmung des Werkes erschlossen und abgeschlossen. Am Anfang ist der Übersetzer auch der Leser, aber der Unterschied zwischen dem Leser und dem Übersetzer liegt weiter darin, dass der Übersetzer das Bild des Werkes in 4
Levý, Jiří. Umění překladu. Praha: Československý spisovatel, 1963, S. 9 – 16. Levý, Jiří. Umění překladu. Praha: Československý spisovatel, 1963, S. 17–18. 6 Schnell-Hornby, Mary. Handbuch Translation. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2003, S. 244-246. 5
7
die Zielsprache umwandelt. Die semantischen Werte des Werkes werden zum zweiten Male sprachlich materialisiert, also die Sprache ist das Material, in dem erstens die Konzeption des Autors und dann die Konzeption des Übersetzers realisiert werden. Das Sprachmaterial beeinflusst den ästhetischen Inhalt, den es trägt. Es bestimmt dessen definitive Form passiv, indem es
Widerstand leistet und auf für das Werk geeignete Ausdrücke lenkt. Aktive
Beeinflussung geschieht dadurch, dass das Werk mit verschiedenen Assoziationen verknüpft wird, die in der ursprünglichen Konzeption nicht beinhaltet wurden und ohne welche sie nicht entstehen würden. Als aktive Funktion der Sprache kann der Reim betrachtet werden. Die Sprache nimmt jedoch vor allem an der Stilisierung passiv teil. Sie ermöglicht dem Autor die Werte auszudrücken, für welche er perfekte Ausdruckmöglichkeiten hat, z. B. Transgressiv für parallele Handlungen, die der Bestandteil eines Handlungkomplexes sind, oder Komposita, die das Objekt mit seinen Attributen ausdrücken können.7 Der Ausgangspunkt der Analyse war die Sprache und ihr Gebrauch. Auf dem ersten Blick sind in den Übersetzungen unterschiedliche Formen z. B. von Namen zu betrachten. Zur Sprache der Übersetzungen gehört sowohl die Rechtschreibung, als auch die Grammatik, die den Sprachgebrauch der Zeit wiederspiegeln. Die lexikalische und stilistische Ebene sollen zeigen, wie die Übersetzer die Wirkung des Werkes nachgeahmt haben, wie es ihnen gelungen ist, dem Original treu zu bleiben und gleichzeitig die Schönheit des Werkes zu behalten. Die Kunst der Übersetzung ist die Treue.8
2.3 Tschechische Übersetzer und Herausgabe der Novelle Das Marmorbild Die Novelle Das Marmorbild wurde ins Tschechische zweimal übertragen. Die erste Übertragung stammt aus dem Jahr 1944. Die Autoren sind Bohuslav Durych und seine Frau Marie Durychová. Da wir nicht wissen, wie sie zusammen gearbeitet haben und wie sie einzeln am Übersetzen teilgenommen haben, lässt sich der Text B. Durych zuschreiben. Marie Durychová wird als Mitverfasser in der Quellenangabe erwähnt. Bohuslav Durych, Stiefbruder
des
tschechischen
Schriftstellers
Jaroslav
Durych,
war
neben
seiner
Beamtenkarriere ein Übersetzer aus dem Russischen, Deutschen, Englischen und Spanischen.
7 8
Levý, Jiří. Umění překladu. Praha: Československý spisovatel, 1963, S. 21– 24. Kundera, Milan. Kastrující stín svatého Gardy. Brno: Atlantis, 2006, S. 62.
8
Er hat unter anderem aus dem Deutschen: Legenda o loupežnících und Legenda o matce von Paula Grogger (Stará Říše na Moravě: Josef Florian, 1942), Svatý Šebestián z Weddingu. Legenda von Franz Herwig (Přerov: Bohuslav Durych a Vlastimil Vokolek, 1935), Putování věrných von Johannes Kirschweng (Praha: Vyšehrad, 1941) und Obrázky von Adalbert Stifter (Chlumec: Jiří Oliva, 1940)9 übertragen. Sein Beruf hatte eher einen prosaischen Charakter, obwohl er sich dem Übersetzen seit dem ersten Weltkrieg gewidmet hat. Die Publikation Slovník české literatury po roce 1945 erwähnt, dass er Belletristik übersetzt und bibliophile Drucke herausgegeben hat10. Die Mehrheit von Übersetzungen wurde vor 1945 veröffentlicht. Die zweite Übersetzung, herausgegeben im Jahr 1988, verfasste Jiří Munzar. Er hat Philologie11 studiert und war als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Bis heute ist er Universitätsprofessor. Beide Autoren widmeten sich den Übersetzungen nicht hauptberuflich, sondern es hat sich zweifellos um eine Nebentätigkeit gehandelt. Bohuslav Durych hatte keine philologische Bildung. Wie wir aus seinem Lebenslauf erfahren können, hat er nach seinem kurzen Studium als Beamter zu arbeiten begonnen. Sein Verhältnis zur Literatur bestätigt jedoch die Arbeit als Herausgeber zusammen mit Vlastimil Vokolek. Dagegen studierte Jiří Munzar nicht nur Deutsch, sondern auch andere Sprachen und sein Leben widmete er der Literatur. Die Bildungsunterschiede lassen jetzt schon vorausahnen, dass die Wahrnehmung des Textes eine Andere sein wird. Letztendlich beeinflusst auch noch die Persönlichkeit des Autors und dessen Sprachart und Sprachgefühl die Übersetzung. Das Marmorbild übertragen von Bohuslav Durych wurde zusammen mit Schloss Dürande (Zámek Dürande), Einer Meerfahrt (Plavba), Die Geschichte eines Einsiedlers (Příběhy poustevníkovy) und Aus dem Leben eines Taugenichts (Ze života darmošlapova) unter dem Namen Mramorová socha a jiné novely12 veröffentlicht. Es geht um die bis jetzt größte Auswahl aus Eichendorffs Prosawerken13. Die Herausgabe unterliegt der kodifizierten Norm aus dem Jahr 1941(Pravidla), die den objektiven Zustand der Sprache mehr respektierte und eine größere Anzahl an morphologischen Dubletten erlaubte. Im Jahr 1935 begann die Herausgabe
von
Příruční
slovník
jazyka
9
českého.
Das
Wörterbuch
fasste
den
Obec překladatelů – Bohuslav Durych [online]. http://www.obecprekladatelu.cz/_ftp/DUP/D/DurychBohuslav.htm [Stand 24. 11. 2014]. 10 Slovník české literatury po roce 1945 – Jaroslav Durych [online]. http://www.slovnikceskeliteratury.cz/showContent.jsp?docId=303 [Stand 24. 11. 2014]. 11 Obec překladatelů – Jiří Munzar [online]. http://www.obecprekladatelu.cz/_ftp/DUP/M/MunzarJiri.htm [Stand 24. 11. 2014]. 12 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944. 13 Munzar, Jiří. Joseph von Eichendorff im tschechischen Kontext. In Joseph von Eichendorff – Aspekte seines Werkes und seiner Rezeption. Hg. von Klaus Werner. Opava: Slezská univerzita v Opavě, Filozofickopřírodovědecká fakulta, Ústav cizích jazyků, 2008, S. 10.
9
Sprachwortschatz von den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts bis zum Zeitpunkt seiner Entstehung. In den 1930er Jahren wurde auch Slovník jazyka českého vollendet (1937). Während der deutschen Besatzung verstärkte sich der Druck auf die Hochsprache als die repräsentative Form der tschechischen Sprache14. All das beeinflusste die Herausgabe und die sprachliche Form des Werkes. Die zweite Übersetzung stammt aus dem Jahr 1988. Es wurde zusammen mit 16 Gedichten, Šálení podzimu, Pohádka o krásné paní, Pohádka o Kašpárkovi und Zámek Dürande im Bund Šalení podzimu veröffentlicht. 44 Jahre trennen beide Übersetzungen. Die sprachliche Norm entwickelte sich teilweise in Richtung der gesprochenen Sprache, welche die Lebensrealität und den Sprachgebrauch mehr wiederspiegelte. Beide Übersetzungen verwenden hochsprachliche Formen und Ausdrücke, aber zugleich trennt sie die unterschiedliche Sprachnorm, die sich im Verlauf der 44 Jahre geändert hat. Das Original selbst stammt aus einer anderen Epoche, als es später übersetzt wurde. Der tschechische Leser konnte die Novelle erst mehr als 100 Jahre nach der ersten Herausgabe auf Tschechisch lesen. Der Diskurs hat sich dazwischen deutlich geändert. Damit sich der tschechiche Leser, dessen Kenntnisse wahrscheinlich geringer als die des deutschen Lesers sind, besser orientieren kann, hilft ihm ein Nachwort oder Vorwort. Die Auswahl von B. Durych vermisst eine solche Erklärung zum Text und Autor. J. Munzar verfasste ein Nachwort selbst, in dem man mehr über die Zusammenhänge zu anderen Werken und auch ein zu anderen Autoren erfahren kann. Es ist ein Schritt hin zum Leser, der somit das Werk in größeren Zusammenhängen sehen kann.
14
Karlík, Petr, Nekula, Marek, Pleskalová, Jana. Encyklopedický slovník češtiny. Praha: Nakladatelství Lidové noviny, 2002, S. 87-89.
10
3 Praktischer Teil 3.1 Rechtschreibung Alle herausgebenden Texte unterliegen orthographischen Regeln. Diesen Regeln unterwirft sich der Redakteur, bzw. der Lektor mehr als der Autor, da es sich um mehr oder weniger künstliche Regeln handelt, die bestimmen, wie gesprochene Sprache geschrieben wird. Es wird immer die letzte Kodifizierung berücksichtigt15. Auf dieser Ebene gehört das Proprium Lucca. Im deutschen Original können wir Lucca lesen, dagegen in der tschechischen Übersetzung von Bohuslav Durych erscheint es als Lukky16, Lukce,17 Lukku18 und Lukka19. Doppeltes „l― ersetzt doppeltes „k―, bzw. „k― und „c―, und es nähert sich der Aussprache. Der Name wurde ans Tschechische angepasst, denn „e― verlangt laut der historischen Entwicklung des Tschechischen ein „c― statt „k― und „k― kann ins „c― modifiziert werden (wie z. B. das Tschechische měkký – měkce). Vor anderen Vokalen „y―, „u― und „a― steht der Konsonant „k―, weil diese Vokale keine Änderung bewirken. Dagegen wird in der Übersetzung von Jiří Munzar ein doppeltes „c― wie im Original verwendet, dazu kommen grammatische Morpheme wie Lucc – y20, Lucc – e21, Lucc – u22. Die vokalische Umgebung hat keinen Einfluss auf das zweite „c― und es bleibt wie im Original, d.h. die internationale Rechtschreibung des Wortes wird beibehalten. Man würde erwarten, dass der Unterschied auch beim Namen Bianca besteht, aber in beiden Übersetzungen können wir „k― statt eines ursprünglichen „c―23 sehen. Eine Abweichung im Namen von Fortunato ist bei Bohuslav Durych zu sehen. Es gibt zwei Formen von diesem Namen betreffend der dritten Silbe und zwar „Fortunátově―24 und
15
J. Munzar in seinem Beitrag erwähnt die Situation der Rechtsschreibung im Protektorat Böhmen und Mähren. Die deutsche Zensur vorgeschrieben hat, keine deutschen Ortsnamen zu übersetzen. In der Novelle das Marmorbild erscheinen nur italienische Ortsnamen, die tschechisch geschrieben sind, aber in der Anthologie wird diese Vorschrift nicht berücksichtigt. Munzar, Jiří. Joseph von Eichendorff im tschechischem Kontext. In Joseph von Eichendorff – Aspekte seines Werkes und seiner Rezeption. Hg. von Klaus Werner. Opava: Slezská univerzita v Opavě, Filozoficko-přírodovědecká fakulta, Ústav cizích jazyků, 2008, S. 9-10. 16 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 5, S. 12, s. 36, S. 39. 17 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 22. 18 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 32. 19 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 44. 20 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 37, S. 57, S. 71. 21 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45. 22 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 66. 23 Eichendorff, Josef von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros, 2007, s. 559, S. 564. 24 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 12.
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„Fortunato― oder „Fortunata―25. Die Schwankung zwischen langem und kurzem „a― ist nicht regelmäßig, sondern sie erscheint nur in diesem einzigen Fall. Es ist schwer dies als einen Fehler zu betrachten, da der Name in der Form eines possessiven Adjektivs nur einmal erscheint. Dagegen spricht auch die Anzahl an Silben. Die adjektive Form hat fünf Silben und so unterstützt sie das lange „a―. Nominale Formen haben vier Silben. Wobei die tschechische Aussprache zum langen „a― neigt. Die Länge des Vokals „a― unterscheidet sich noch beim Wort „Itálie. Im Text von Bohuslav Durych erscheint ein kurzes „a― - „Italie26, hingegen bei Jiří Munzar ein langes „a― - „Itálie―.27
3.2 Grammatische Ebene – morphologisch–syntaktische Unterschiede Zuerst widmen wir uns der morphologischen Ebene. Die Morphologie des Deutschen und des Tschechischen ist komplett unterschiedlich. Das beschränkte morphologische Paradigma des Deutschen wird in mehr oder weniger fest gebundener Syntax nachgeholt. Die tschechische Sprache und ihre größere Auswahl an morphologischen Formen der Namen oder Verben ermöglicht beliebige, aber nicht freie Wortfolgen. Die syntaktischen Beziehungen werden dann mithilfe der Morpholgie ausgedrückt. Zu Beginn setzen wir uns mit den morphologischen Formen auseinander.
3.2.1 Der Transgressiv Der Transgressiv drückt die Funktion eines Nebenvorgangs im Satz aus. Es ist eine infinite Form des Verbs und in Bezug auf den Hauptvorgang kann diese vorzeitig, gleichzeitig oder nachzeitig sein. Der Transgressiv ist schon in der Zeit des Humanismus untergangen, weil er keine Parallele im Latein hatte. Im 19. Jhdt. wurde er wieder belebt und kodifiziert, und da diese Kodifizierung auch im neuen Tschechischen gültig geworden ist, ist die Grammatik kein fester Bestandteil des Muttersprachlers, weshalb die Verwendung dieser Sprachform erlernt werden muss. Es geht um ein archaisches Element welches schon im 16.
25
Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 7, S. 13, S. 32. 26 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 39. 27 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 75.
12
Jhdt. zu einem höheren Stil gehört hat28. In unseren Übersetzungen können wir den Transgressiv nur bei Bohuslav Durych sehen. Im Original lesen wir z. B.: „…versetzte jener lustig lachend“, und bei B. Durych ist: „…odpověděl cizinec, vesele se směje.“29 Durych ersetzt also das Partizip I, das hier auch das Verb als freies Prädikativ ergänzt, durch den tschechischen Transgressiv in seiner aktiven, präsenten Form. Dagegen überträgt J. Munzar den Satz ganz anders: „...opáčil onen a vesele se pousmál.“30 Statt eines Satzes sehen wir hier zwei Sätze in der kongruenten Verbindung. Durych wählte ein imperfektives Verb aus, damit er einen präsenten Transgressiv bilden kann und dadurch drückt er auch einen anderen Sinn als Munzar aus. Bei Durych antwortete der Fremde „und dabei lachte er lustig―. Der Eindruck, der gewonnen wird, ist eine gewisse Fröhlichkeit, die Fortunato, der Sprechende, ausstrahlt. J. Munzar verwendet das Wort „pousmát se― (ein perfektives Verb), das komplett einen anderen Eindruck macht. Man kann lustig lachen, aber in Verbindung mit „pousmát se― (auf Deutsch „anlächeln―) setzt man eher auf die Bedeutung „leicht―. Das semantische Feld änderte sich durch das perfektive Verb. Man kann es auf einer Skala zeigen, wie sich die Bedeutung ändert: im Tschechischen gibt es smát se → usmát se → pousmát se. Mit der Präfigierung lässt sich die Bedeutung des Wortes abschwächen und dadurch auch verschieben. Die nächste Stelle, wo wir einen Transgressiv bei Durych finden, ist auf der Seite 28. Im Original steht: „Künstlich und weit ausholend befragte ihn derselbe weitläufig um sein früheres Leben, seine Reisen und seinen künftigen Lebensplan.“31 B. Durych übersetzte den Satz folgenderweise: „Obratně a široce se rozbíhaje, vyptával se ho zevrubně na jeho dřívější život, na jeho cesty a na jeho plány do budoucna.“32 Statt des Partizips I erscheint wieder der Transgressiv. J. Munzar überträgt die Phrase „künstlich und weit ausholend“ in die modale adverbiale Bestimmung bestehend aus drei Wörtern: „Strojeně a zeširoka a rozvláčně se ho vyptával na jeho dřívější život, na jeho cesty a na budoucí životní plány.“33 Die Bedeutung der verbalen Phrase „weit ausholen― könnte man auch als „začít zeširoka― verstehen. Also der Herr des Hauses hat nicht direkt angefangen zu fragen, sondern er ist langsam und vor allem indirekt in seinen Fragen weitergegangen. Das Verb „rozbíhat se― wird in der übertragenen Bedeutung verwendet und evoziert, so dass sich der Sprechende nicht an die Linie hält, 28
Karlík, Petr, Nekula, Marek, Pleskalová, Jana. Encyklopedický slovník češtiny. Praha: Nakladatelství Lidové noviny, 2002, S. 352 – 353. 29 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 5. 30 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 37. 31 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 548. 32 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 28. 33 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 63.
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absichtlich oder nicht absichtlich herumschweift, dass er dieses und jenes fragt und man auf dieser Art und Weise etwas von ihm erfährt. J. Munzar sucht die adverbiale Bestimmung aus und ergänzt so das Verb „vyptávat―. Die Bedeutung lässt sich auch durch die Wortauswahl ändern. Bei B. Durych entsteht das Gefühl, dass der Herr des Hauses geschickt die Fragen stellt und er so erfährt, was gebraucht wird. Dagegen ist bei J. Munzar der Herr des Hauses eher ungeschickt, bzw. formuliert er seine Fragen übertrieben. Der nächste Transsgressiv erscheint bei B. Durych auf der Seite 31: „Za nic na světě nemohl Florio prozraditi své tajemnství. „Dlouho?“ odpověděl, sám se divě.“34 Er ersetzt das Adjektiv: „Um keinen Preis hätte Florio sein Geheimnis verraten können. „Lange?“ erwiderte er nur, selber erstaunt.“35 J. Munzar entschied sich auch für n-Partizipium: „Za žádnou cenu by byl Florio neprozradil své tajemnství, „Dlouho“? odvětil jen, sám překvapen.“36. In diesem Vergleich gibt es keine großen Unterschiede. Durych wählt wieder ein stilistisch höheres Element, dagegen J. Munzar ein Partizipium, das eigentlich zur Hochsprache gehört hat und im Gebrauch für neutral gehalten wurde. Ein paar Seiten weiter häuft Durych mehrere Transgressive. Dadurch verdichtet er die Aussage: „Kráčeli po několika stupních vzhůru, pak dolů, společnost se zatím vesele rozptýlila, smějíc se a žertujíc v četných sloupořadích.“37 im Original ist es wieder ein Partizip I: „Sie gingen einige Stufen auf und nieder, die Gesellschaft zerstreute sich inzwischen lustig, lachend und scherzend durch die vielfachen Säulengänge, ...“38 Die das Verb ergänzende modale Bestimmung ersetzt er durch den Transgressiv. J. Munzar modifiziert „lachend und scherzend“ in Substantiv: „Vystoupili několik schodů nahoru a zase dolů, společnost se zatím vesele, se smíchem a žertováním, rozptýlila do četných sloupořadí, ...“.39 Beide Übersetzer behalten die Semantik der Wörter und weichen von dieser nicht ab. Man könnte es sogar als synonymisch bezeichnen, denn mehr Möglichkeiten zur Übersetzung bei einem Behalten der Wortfolge gibt es nicht. Im folgenden Satz überträgt Durych schon regelmäßig das Partizip in den tschechischen Transgressiv: „Hned něco zlepšovala na svých tmavých, vonných pletencích vlasů, hned se opět pozorovala v zrcadle, hovořila při tom stále s jinochem, líbezně si
34
Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 31. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 550. 36 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 65. 37 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 35. 38 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 554. 39 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 70. 35
14
pohrávajíc půvabnými slovy o lhostejných věcech.“40 Es lässt sich wieder das Original erwähnen: „Bald etwas an ihrem dunkeln duftenden Lockengeflecht verbessernd, bald wieder im Spiegel sich betrachtend, sprach sie dabei fortwährend zu dem Jüngling, mit gleichgültigen Dingen in zierlichen Worten holdselig spielend.“41 Hier gibt es vier Partizipien in zwei verschiedenen Anwendungen. Einmal als ein kongruenter Attribut und dreimal im Prädikativ. Durych übersetzt „duftend― als „vonný―, auf die attributische Stelle gibt er natürlich ein Adjektiv. „Duftend― könnte man als „vonící― übertragen. Meiner Meinung nach erscheint das Wort bei Eichendorff auch aus dem Grunde, weil „duftend― eine Intensität beinhaltet. Wenn er „duftig― verwenden würde, hätte es nicht so eine große Wirkung wie „duftend―. So nutzt sich der Sinn bei Durych ab, weil das Wort „vonný― bezeichnet die Eigenschaft, aber beinhaltet keine Intensität mehr, die durch lange Vokale verursacht wird. „Verbessernd― und „sprechend― modifiziert er in finiten Verben, sodass zwei neue Sätzte entstehen.
Das
letzte
Partizip
wird
aber
kein
Verb.
Er
bildete
eine
Nebenvorgangskonstruktion. Bei J. Munzar sehen wir auch Teilverbalisierungen der Partizipien in der adverbialen Funktion; „Tu něco vylepšovala na svých temných voňavých kadeřích, tu se zase pozorovala v zrcadle a přitom stále mluvila k mladíkovi; zdobnými slovy půvabně a hravě hovořila o lhostejných věcech.“42 Ähnlich wie Durych entstehen zwei Hauptsätze, also aus „verbessernd― wird „vylepšovala― und aus „betrachtend― wird „pozorovala―. J. Munzar löst das Problem mit dem letzten Partizipium anders. Er lässt das Wort „sprechen― in der synonymischen Bedeutung wiederholen – „mluvila― und „hovořila―. Der Satz ist durch den Strichpunkt getrennt, deswegen entsteht kein Eindruck eines neuen Satzes. Trotzdem ergibt sich eine größere Pause als bei der Verwendung eines Kommas wie im Original. Es wurde kein neuer Sinn hinzugefügt. Durch die synonymische Verwendung kommt es zu keiner Häufung des Wortes, sondern nur zur Häufung des Sinnes, was nicht gezwungen wirkt. „Hned tu byla se sokolem na ruce, jak ji předtím viděl, jedouc s mladým rytířem na lov, hned byla v růžové zahradě, a u nohou jí klečelo jiné krásné ušlechtilé páže.“43 Hier wurde wieder ein Partizip I als Transgressiv „jedouc― übersetzt. In diesem Fall ist die Semantik des übertragenen Wortes von Interesse. Im Original ist dies „reitend―: „Bald erschien sie, den Falken auf der Hand, wie er sie vorhin gesehen hatte, mit einem jungen Ritter auf die Jagd reitend, bald war sie in einem prächtigen Rosengarten vorgestellt, wie ein 40
Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 34-35. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 554. 42 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 69. 43 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 36. 41
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anderer schöner Edelknabe auf den Knien zu ihren Füßen lag.“44 Das Verb hat die synonymische Bedeutung „gallopieren―, „im Sattel sitzen―, „traben―, „zu Pferde sitzen―. Es lässt sich ins Tschechische als „jezdit― übersetzen, aber es sollte auch ergänzt werden, da es um ein Tier geht, genauer gesagt um ein Pferd. B. Durych lässt die Ergänzung aus und verlässt sich auf die semantische Umgebung des Ausgangstextes, also dass sie und ein junger Ritter vorhaben zur Jagd zu gehen. Im verglichenen Text von J. Munzar gibt es kein Ausdruck für „reiten―: „Tu se jevila, sokola na ruce, jak ji předtím spatřil, jako lovkyně s nějakým mladým rytířem, tu ji znázornili v líbezné růžové zahradě s jiným sličným panošem, klečícím na kolenou u jejich nohou.“45 Er kondensiert die Bedeutung, dass sie auf die Jagd reiten, in ein Wort „lovkyně― Es verliert sich die Bewegung des Bildes. Es wird statisch, bzw. es wird verallgemeinert. „Lovkyně― kann nicht nur auf die Jagd reiten, sondern auch jägern, oder als eine erfolgreiche Jägerin mit einem Wild dargestellt werden. Das Wort bietet mehr Interpretationen als die Beschreibung der Situation im Ausgangstextes. Der Sinn ist dagegen nicht verloren gegangen, er wurde erweitert und man könnte nicht sagen, dass es dem Text schadet. Die letzten zwei Beispiele sind identisch übersetzt. Identisch im Sinne, dass beide Übersetzter auf die gleiche Art und Weise verfahren. Bohuslav Durych überträgt das Partizip I des Ausgangstextes als einen Transgressiv und Jiří Munzar als ein Adjektiv. Es kann behauptet werden, dass es bei B. Durych keine regelmäßige Erscheinung ist das Partizip I als Transgressiv zu übersetzen. Er versucht es z.B. auch in ein Adverb oder ein finites Verb zu übertragen: Téměř polekaně před ním stanula a mlčky na něho pohlédla krásnýma velikýma očima. Pak se s uzarděním uklonila...“46, trotzdem erweitert er seinen Stil um dieses archaische Element, das J. Munzar vermeidet.
3.2.2 Morphosyntaktische/grammatische Unterschiede Unter einen morphosyntaktischen Unterschied lässt sich die Änderung des Numerus einordnen. Bei Bohuslav Durych erscheint die Abweichung vom Numerus der Substantive, bzw. der Subjekte, was eigentlich auch den Rest des Satzes, d. h. das Prädikat verändert. Es betrifft sowohl die Modifikation des Singulars zum Plural, als auch umgekehrt. Das erste 44
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 555. Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 71. 46 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 9. 45
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Beispiel zeigt die Verwandlung vom Singular zum Plural: „...se všech stran z kvetoucího křoví...,“47. Im Original ist der Plural vom Wort mit dem Kollektivprefix „Ge―. Ein solches Wort beinhaltet eine Menge, eine Vielzahl von Lebewesen oder Dingen, aber grammatikalisch drückt es einen Singular aus. Die Bedeutung von „Gebüsch― ist „viele dicht zusammenstehende Büsche― und das Wort kann somit auch Plural bilden. B. Durych weicht vom Original nicht viel ab und entscheidet sich in diesem Fall für ein tschechisches Kollektivum „křoví―, welches üblicherweise keinen Plural bildet, aber die Grammatik würde es theoretisch ermöglichen. J. Munzar wählte ein anderes Wort aus: „...tu zněly z kvetoucích křovin ze všech stran...“48. Das Wort „křovina― gehört zu tschechischen Feminina, welche eine größere morphologische Vielfalt ermöglichen. Im Vergleich zum Wort „křoví― verfügt es über mehrere Suffixe und der Singular und Plural sind deutlich durch verschiedene Suffixe differenziert, z. B. „křovina― (nom. Sg.) und „křoviny― (nom. Pl.). Im anderen Fall erscheint die Änderung vom Plural zum Singular. Im Original kann man lesen: „Weiterhin auf einem heiter-grünen Plan vergnügten sich mehrere Mädchen mit Ballspielen.“49 Im Satz liegt der Fokus auf „mit Ballspielen―. B. Durych übersetzt es als Singular, also „…hrou míčem...“50, welches ein einfacher Instrumental ohne die Präposition „s― ist. Die syntaktische Verbindung wirkt heutzutage veraltet und sie lässt die Zeit der Übersetzungsentstehung spüren. J. Munzar beließ hier den Plural „...míčovými hrami...“51, was mit dem Original korreliert. Die nächste morphologische Änderung lässt sich im folgenden Satz lesen: „Všichni ho zdravili jako starého známého a leckteré krásné oko s radostným údivem spočinulo na mladé, kvetoucí postavě.“52 Der originale Plural „manche schöne Augen― wurde in den Singular „leckteré krásné oko― umgewandelt, womit auch die morphologische Änderung des Verbs in den Singular zusammenhängt. „Alle begrüßten ihn wie alte Bekannte, manche schöne Augen ruhten in freudigem Erstaunen auf der jungen, blühenden Gestalt.“53. J. Munzar behält den Plural des Originals: „Všichni ho zdravili jako staří známí, četné líbezné oči spočívaly v radostném údivu na jeho mladé ztepilé postavě.“54 Die Synekdoche ist bei B. Durych durch den Singular verstärkt. Es geht um den Tropus pars pro toto, also ein Teil steht für das Ganze, 47
Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 6. Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 38. 49 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 527. 50 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 6. 51 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 39. 52 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 7-8. 53 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 528. 54 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 40. 48
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bei Eichendorff bzw. bei J.Munzar sind das Augen, die die Menschen vertreten, bei Durych handelt es sich um ein Auge, das die Menschen vertritt. Dazu kommt noch ein Pronomen, welches die Tatsache bestimmt, dass es nicht um alle Augen und auch nicht um jedes Auge geht, sondern nur um manch ein Auge. Die Veränderung vom Singular zum Plural erscheint wieder bei Buhuslav Durych im Satz: „…pod závoji dusna…“55.
J. Munzar ist dem Original treu: „…pod závojem
dusna…“56. Im Eichendorffschen Original ist „unter einem Schleier von Schwüle“57. Ein ähnliches Beispiel lässt sich folgendermaßen demonstrieren:
„Manch zierliches Liebeswort schallte da leise durch die laue Luft, …―58 „Mnoho líbezných milostných slov zde zaznělo ve vlahém vzduchu, …― 59 „Vlahým vzduchem tu tiše zaznělo mnohé něžné slovo lásky, …― 60
Hier erscheint wieder die Tendenz von B. Durych die grammatische Zahl zu ändern auch wenn eine Möglichkeit des Singulars im Tschechischen nicht falsch wäre, wie es bei J. Munzar zu sehen ist. J. Durych entschied sich für das unbestimmte Pronomen als Subjekt und dazu fügt er die plurale Form im Genetiv des nicht kongruenten Attributes „líbezných slov―. Bei J. Munzar steht „slovo― als Subjekt, das mit dem kongruenten Attribut „mnohé líbezné― und dem nicht kongruenten Attribut „lásky― ergänzt wird. Schließlich ist „Liebeswort― in der Position des Subjektes auch im Original zu lesen. Weitere Fälle, in denen sich vor allem B. Durych vom Original in der grammatischen Zahl unterscheidet, sind folgende: Plural → Singular „..., falbe Morgenlichter flogen wechselnd über ihr erwachtes, von den freigelassenen Locken nachlässig umwalltes Gesicht.― (J. von Eichendorff, S.552) „..., bledá ranní záře klouzala po její bděním unavené tváři, okolo níž nedbale poletovaly rozpuštěné kadeře.― (B. Durych, S. 32) 55
Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 19. Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 53. 57 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 540. 58 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 548. 59 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 28. 60 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 62. 56
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„..., bledé paprsky ústvitu střídavě ozařovaly dívčin bdělý obličej, kolem něhož se vlnily volně splývající kadeře.― (J. Munzar, S. 67)
„Die großen weiten Fenster standen dabei offen, durch welche die lauen Abendlüfte den Duft vielfacher Blumen, mit denen das Fenster besetzt war, hineinwehten.― (J. von Eichendorff, S. 552) „Veliké, široké okno bylo otevřeno, dovnitř vál vlahý večerní vánek a přinášel vůni četných květin, jimiž byla ozdobena okna.― (B. Durych, S. 33) „Velká široká okna byla otevřená a vlahý večerní vánek jimi přinášel dovnitř vůni četných květin, které okna obklopovaly.― (J. Munzar, S. 67)
„…, eine wunderschöne Dame in derselben Kleidung, einen Ritter zu ihren Füßen, hinten einen weiten Garten mit vielen Springbrunnen und künstlich geschnittenen Alleen, geradeso wie vorhin der Garten draußen erschienen.― (J. von Eichendorff, S. 555) „..., překrásnou dámu stejně oblečenou, s rytířem u nohou, vzadu rozsáhlou zahradu s četnými vodotrysky a uměle sestřihaným stromořadím, právě tak, jako byla zahrada venku.― (B. Durych, S. 36) „.... překrásnou dámu ve stejném oblečení a s rytířem u nohou, vzadu velkou zahradu s mnoha vodotrysky a uměle přistřiženými alejemi, zcela tak, jak předtím vypadala zahrada venku.― (J. Munzar, S. 71)
„Schon flogen einzelne Lichtstreifen über den Morgenhimmel, als er vor den Toren ankam.― (J. von Eichendorff, S. 558) „Po ranním nebi letěly již ojedinělé šípy světla, když dospěl k bráně.― (B. Durych, S. 38) „Na ranní obloze už se vznášely jednotlivé pruhy světla, když přišel k branám.― (J. Munzar, S. 73-74) 19
„Die früheste Morgendämmerung fand ihn schon zu Pferde vor den Toren der Stadt.― (J. von Eichendorff, S. 559) „Ranní svítání ho zastihlo již na koni za městskou branou.― S. 39 (B. Durych, S. 39) „Za nejčasnějšího ranního úsvitu byl už na koni před branami města.― (J. Munzar, S. 75)
„Es kommt nach allen heftigen Gemütsbewegungen, die unser ganzes Wesen durchschüttern,...― (J. von Eichendorff, S. 563) „Po každém prudkém hnutí mysli, jež otřese celou naší bytostí, ...― (B. Durych, S. 44) „Po všech prudkých pohnutích mysli, která otřásají celou naší bytostí, ...― (J. Munzar, S. 79) Singular → Plural
„Zuweilen wandte sie sich plötzlich um und blickte ihn unter Rosenkränzen so unbeschreiblich lieblich an, daß es ihm durch die innerste Seele ging.― (J. von Eichendorff, S. 554) „Občas se náhle obrátila a pohlédla na něho zpod věnce růží tak nevýslovně mile, že mu to vniklo až do hlubin duše.― (B. Durych, S.35) „Občas se náhle obrátila a pohlédla na něj zpod věnců růží tak nepopsatelně mile, že mu to pronikalo do hloubi duše.― (J. Munzar, S. 69-70)
„Mein Vater trat dabei oft zu mir und erzählte mir manch lustiges Abenteuer, das ihm auf seinen jugendlichen Heeresfahrten in der und jener von den abgemalten Städten begegnet.― (J. von Eichendorff, S. 556)
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„Otec tehdy často ke mně přistoupil a vyprávěl mi různá veselá dobrodružství, která na svých válečných výpravách v mládí zažil v tom nebo onom namalovaném městě.― (B. Durych, S. 36) „Můj tatínek ke mně často přistoupil a vyprávěl mi četné veselé příhody, které se mu staly na jeho vojenských taženích zamlada v tom či onom zobrazeném městě.― (J. Munzar, S. 71)
„Die Morgenröte erhob sich indes immer höher und kühler über der wunderschönen Landschaft vor ihnen.― (J. von Eichendorff, S. 559) „Ranní červánky zatím ustavičně stoupaly a bledly nad překrásným krajem před nimi.― (B. Durych, S. 40) „Mezitím se ranní červánky zvedaly stále výš a ztrácely se nad podivuhodně krásnou krajinou před nimi.― (J. Munzar, S. 75) Hier wurden alle Fälle genannt, in denen B. Durych eine andere morphologische Lösung auswählte. Es betrifft ausschließlich Substantiva in der Funktion des Subjektes, aber auch der lokalen Bestimmung, des Objektes oder des Attributes. Im Vergleich mit der Übersetzung von J. Munzar lässt sich zeigen, dass meistens andere Übertragungen möglich sind. Die Ausnahme stellen „ranní červánky― und „vlahý večerní vánek― dar. Beide Übersetzer das originale Wort „die Morgenröte― in den Plural übertragen, der für den tschechischen Gebrauch üblicher und häufiger ist, obwohl es auch die Einzahl gibt.
3.2.3 Syntaktische Besonderheiten /Merkwürdigkeiten Kommunikative Funktion der Aussage Aktuelle Satzgliederung Aktuelle Satzgliederung wird im Tschechischen ähnlich wie im Deutschen realisiert. Im linken Bereich des Satzes erscheint das Thema, also etwas Bekanntes, und im rechten Bereich befindet sich dann das Neue, das Rhema. Die Theorie gilt für einen neutralen indikativischen Satz ohne irgendwelche Merkmale. Schränken wir nun die Theorie auf die 21
Basis ein. Im folgenden Beispiel werden zwei unterschiedliche Lösungen eines Satzes demonstriert: „Jeder lobt Gott auf seine Weise―61 „Každý svým způsobem chválí boha― 62 „Každý chválí boha po svém―63
Die Lösung von J. Munzar entspricht dem Original eins zu eins außer der letzten Einheit, wo er das Wort „Weise― auslässt und nur „po svém― behält. Es geht aber um einen phraseologischen Ausdruck, der ein expressives Merkmal hat. B. Durych verschiebt das Wort „Gott― an das Ende des Satzes und es wird dadurch das Rhema des Satzes. „Auf seine Weise― übersetzt er als „svým způsobem―, was neutral und nicht idiomatisch ist. „Sie hatte einen vollen, bunten Blumenkranz in den Haaren und war recht wie ein fröhliches Bild des Frühlings anzuschauen, wie sie so überaus frisch bald über den Rasen dahinflog, bald sich neigte, bald wieder mit ihren anmutigen Gliedern in heitere Luft hinauflangte.―64 „Ve vlasech měla bohatý, pestrý věnec z kvítí a když tak čile pobíhala po trávníku nebo se skláněla, nebo opět svými půvabnými údy hmátla do jasného vzduchu, vyhlížela jako radostný obraz jara.― 65 „Ve vlasech měla pestrý, bohatý věnec z květin a vypadala zcela jako nějaký veselý symbol jara: hned letěla nesmírně čile přes trávník, hned se skláněla, hned zase natahovala půvabné údy do průzračného vzduchu.―66
Beide Übersetzer entschieden sich die Einheit „in den Haaren― an den Anfang des Satzes zu stellen. Der Beginn des Satzes wäre auch mit „měla― nicht stilistisch falsch. Folgend unterscheiden sich ihre Übersetzungen voneinander. B. Durych stellt den Satz „und war recht wie ein fröhlisches Bild des Frühlings anzuschauen― an das Ende des Satzgefüges. Dagegen bleibt J. Munzar dem Original treu. Er trennt den Satz von den anderen mit einem Doppelpunkt und versucht die Dynamik des Originals mit „hned― nachzuahmen. B. Durych unterbricht diese Dynamik. Sein Satzgefüge wirkt deutlich langsamer. Im folgenden Beispiel ist auch eine gewisse Langsamkeit zu sehen.
„In die übrige Gesellschaft indes schien Donati, so nannte sich der Ritter, nirgends hineinzupassen.―67
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Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 526. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 5 63 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 37. 64 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 527-528. 65 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 6-7. 66 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 39. 67 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. 62
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„Do ostatní společnosti, jak se zdálo, se však Donati, tak se jmenoval ten rytíř, nikde nehodil.― 68 „Zdálo se však, že mezi ostatní Donati, tak se rytíř nazýval, nijak nezapadl.― 69
B. Durych versucht die Wortfolge und auch Satzfolge zu behalten. Das Original hat zwei Sätze mit einer Infinitivkonstruktion. Beide tschechischen Übersetzungen verfügen über drei Sätze, weil die Infinitivkonstruktion durch einen Satz ersetzt wird. Weiter wurde das bestimmte Subjekt „Donati― in das unbestimmte „se zdálo― umgewandelt. Da diesmal B. Durych die deutsche Satzstruktur behält, übersetzt er auch „nirgends― als „nikde―, was mit der Kollokation des Verbs „hodit se― nicht übereinstimmt. Das tschechische „hodit se― kann man mit „k čemu― oder „kam― verbinden. Die Verbindung „hodit se nikde― ist aber die Interferenz. „nirgends― könnte man ins Tschechische als „nikde― übersetzen. B. Durych lässt aber das Präfix „hin― aus, das die Bedeutung „auf etwas zu― beinhaltet. Schließlich kann man es auch mit der lokalen Bestimmung „do ostatní společnosti― am Anfang des Satzes nicht verbinden, da die Präposition „do― mit Genitiv verbunden ist und ihre Semantik u.a. auch „auf etwas zu― bedeuten kann. Die Lösung von J. Munzar kann man als gelungener bezeichnen. Er lässt zwar das Wort „in die Gesellschaft― aus und ersetzt es durch „mezi ostatní―. Es geht um eine Ellipse, in der er „společnost― auslässt, damit die lokale Bestimmung nicht an das Ende des Satzes verschoben werden muss. Daraus folgend wäre folgende Lösung möglich: „Zdálo se však, že Donati, tak se rytíř nazýval, mezi ostatní společnost nijak nezapadl.― „Ein funkelnder Zornesblitz fuhr, fast verzerrend, über das Gesicht des Reiters, und ein wilder, nur halb ausgesprochener Fluch aus den zuckenden Lippen, worüber Florio nicht wenig erstaunte, da ihm solches Wesen zu der sonstigen feinen und besonnenen Anständigkeit des Ritters ganz und gar nicht zu passen schien.―70 „Téměř zžíravý blesk hněvu přelétl jezdcovu tvář a ze škubajících rtů uklouzla divoká, polohlasně vyslovená kletba, nad čímž Florio nemálo žasl, poněvadž se mu zdálo, že takové chování se k jinak jemné a rozvážné slušnosi rytířově vůbec nehodí.―71 J. Munzar „Oslnivý blesk hněvu projel tváří jezdcovou a téměř ji znetvořil a prudké, jen zpola vyslovené zaklení mu vyjelo z chvějících se rtů, čemuž se Florio nemálo podivil, jelikož se mu zdálo, že takové chování se naprosto nehodí k jinak jemným a uhlazeným způsobům rytířovým.―72
Im originalen Satz sehen wir ein Verb, das sich auf zwei Subjekte bezieht. Diese Ellipse ist im Tschechischen nicht möglich und deshalb erscheinen in beiden Übersetzungen zwei Verben – bei B. Durych „přelétl― und „uklouzla―, bei J. Munzar „projel― und „vyjelo―. B. Durych übersetzt „funkelnd― nicht, bzw. er entschied sich für ein Synonym „zžíravý―. Das 68
Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 13. Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 46. 70 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 534. 71 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 13-14. 72 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 47. 69
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synonymische Umfeld vom Adjektiv ist „entgleist―, „entstellt―, „grimmasenhaft―, „verkrampft―, „verzogen―. Also das Gesicht hat sich geändert. Das Wörterbuch der tschechischen Synonyme zeigt folgende Synonyme von „sžíravý―: „pronikavý; jízlivý; ostrý; ironický―. Auf dem ersten Blick berührt die Bedeutung und sein synonymisches Umfeld „verzerrend― überhaupt nicht. Es würde aber den Sinn des Wortes „verzehren―73 entsprechen. Ihre historische Verwandtschaft und der Bedeutungswandel zeigen74, dass die Übersetzung von B. Durych nicht weit entfernt ist und als eine mögliche Alternative verwendet werden könnte.
„Gott sei Dank―, rief Fortunato aus, „daß ihn die Nacht wieder verschlungen hat!75 „Díky Bohu, že ho noc pohltila!― zvolal Fortunato. 76 „Bohu díky,― zvolal Fortunato, „že ho noc opět pohltila! 77
Bei B. Durych sehen wir, dass er versucht, die direkte Rede zusammenzuhalten. Im Original ist der Satz durch einen Beisatz unterbrochen. Wie wir sehen können, geht es um einen Ausrufesatz, der mit einem Ausrufezeichen beendet ist. Der Ausruf ist aber, durch den eingefügten redekommentierenden Satz ein wenig abgeschwächt. Forutnato ruft „Gott sei Dank― aus und danach setzt er fort, was wir eigentlich nicht als Ausruf spüren. Es wirkt als betonte Erklärung, warum ruft er überhaupt „Gott sei Dank―. Bei B. Durych ist es aber anders. Fortunato ruft den ganzen Satz aus und danach folgt der Beisatz. Interessant ist auch das Verb 73
zehren: Das nur dt. und niederl. Verb (mhd. zern »für essen und Trinken aufwenden; sich nähren; [essend] Verbrauchen«, niederl. teren »zehren«) gehört zu dem in mhd. Zeit untergangenen starken Verb ahd. zeran »zerreißen, kämpfen«, dem got. (ga-, dis-)taíran »zerreißen« und engl. to tear » [zer]reißen« entsprechen. Die germ. Verben gehen mit verwandten Wörtern in anderen idg. Sprachen auf die idg. Wurzel ⃰der- »schinden, [ab]spalten« zurück, vgl. z.B. griech. dérein »schinden, abhäuten«, dérma »Haut«, eigentlich »das Abgezogene«. Aus dem germ. Sprachbereich gehört auch das unter ↑zerren behandelte Verb hierher, ferner die Sippen von ↑trennen (eigentlich »abspalten«) und möglicherweise auch von ↑Zorn. – Die Bedeutung »[essend] verbrauchen« hat sich demnach aus »vertilgen, vernichten, zerreißen« entwickelt. – Gebräuchlich als ›zehren‹ ist heute die Präfixbildung verzehren »essen und trinken; aufbrauchen, (reflexiv:) sich sehnen« (mhd. verzern »aufzehren, verbrauchen«, vgl. ahd. firzeran »zerreißen, vernichten«), dazu die Rückbildung Verzehr »Verbrauch, Einnahme von Speisen [und Getränken]« (18.Jh.). Zu dem heute veraltete Zehrung »Nahrung, Zehrgeld« (mhd. zerunge) gehört die Zusammensetzung Wegzehrung »Reiseproviant« (16.Jh.). Alsleben, Brigitte [Red.]. Duden, Das Herkunftswörterbuch. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2007, S. 940. 74 zerren: Das Verb mhd., ahd. zerren gehört zu der unter ↑zehren dargestellten idg. Wurzel. Es bedeutete zunächst »[zer]reißen«, dann »(ruckweise) ziehen«, beachte das verwandte zergen mitteld. und nordostd. für »necken« (eigentlich »reißen, zerren«). – Präfixbildung: verzerren (mhd. verzerren »auseinanderzerren«), dazu Verzehrung (18.Jh). Zus.: Zerrbild »Darstellung, die etwas verzerrt wiedergibt« (Ende 18.Jh.; ursprünglich als Ersatz für das heute üblichere ↑Karikatur geschaffen. Alsleben, Brigitte [Red.]. Duden, Das Herkunftswörterbuch. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2007, S. 946. 75 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 534. 76 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 14. 77 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 47.
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am Ende des Satzes. Es ist auf keinen Fall für Tschechisch typisch. Es wäre neutral, wenn am Ende das Wort „noc― stehen würde. Ähnlich ist es auch bei J. Munzar.
„Er hielt die Augen lange geschlossen vor Blendung, Wehmut und Entzücken.― 78 „Oslněním, žalem a zanícením zavřel na dlouho oči.― 79 „Dlouho měl oči zavřené oslněním, zármutkem a uchvácením.― 80
Der deutsche Satz beginnt mit dem Pronomen „er―. Im Tschechischen ist ein solcher Anfang nicht erlaubt, weil Tschechisch es explizit nicht ausdrückt. Hier steht das Verb, wie im neutralen deutschen Satz, auf der zweite Stelle und bei beiden Übesetzer setzt sich diese Tendenz auch durch. B. Durych entschied sich für ein Verb mit der Bedeutung geschlossen. J. Munzar bemüht sich verbale Struktur zu behalten und übersetzt es als „měl zavřené―. Das perfektive Verb „zavřít―, das eine abgeschlossene Tätigkeit ausdrückt und nicht der Bedeutung „geschlossen halten― entspricht, ergänzt er um die zeitliche Bestimmung „na dlouho―, womit er eine Alternative zum Original fand. B. Durych weicht auch von der ganzen Struktur ab, weil er einen Teil vom Rhema an den Anfang seines übersetzten Satzes stellt. Das eigene Rhema bleibt am Endes des Satzes.
„Ein Strom von Kühle und Duft wehte den Ermüdeten erquickend daraus an.― 81 „Dýchal z něho na unaveného proud chladného vzduchu a vůní.― 82 „Na unaveného mladíka vanul zevnitř proud chladu a vůně a osvěžoval jej.― 83
B. Durych zeigt mehr schöpferische Kraft. Er stellt das Subjekt an das Ende des Satzes und erweitert es zusätzlich. „Kühle― übersetzt er als „chladného vzduchu― und er verschiebt auch den Numerus, also „statt― Singular wählt er den Plural „vůní―. Eigentlich wirkt diese Lösung überflüssig, denn wenn wir es mit der Übersetzung von J. Munzar vergleichen, können wir sehen, dass „proud chladu a vůně― dem Tschechischen entspricht und keine Interferenz spürbar ist. Bei beiden Übersetzern kann man die Tendenz sehen, dass das 78
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 537. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 17. 80 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 50. 81 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 540. 82 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 19. 83 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 53. 79
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erweiterte Subjekt an das Ende des Satzes geschoben wird. B. Durych fängt den Satz mit dem Verb an, J. Munzar hat hingegen das Objekt an die erste Stelle gestellt. Im Original ist es umgekehrt. Das Subjekt steht am Anfang. Eine problematische Stelle in diesem Satz stellt das Wort „erquickend― dar. B. Durych lässt es aus. J. Munzar wandelt es in einen neuen Satz um. Man könnte überlegen, warum B. Durych auf die Übersetzung verzichtete, ob ihm die Bedeutung überflüssig vorgekommen ist, weil kühle Luft am heißen Tag erfrischen muss, oder ob er es nicht modifizieren wollte, wie wir bei J. Munzar sehen. Auf jeden Fall könnten wir seine Lösung als Komprimierung bewerten. Aus der Sicht der Thema-Rhema-Gliederung steht im Original das Subjekt auf der Stelle des Themas. Aber am Ende des Satzes steht der Verweis auf den vorigen Satz „daraus―, was wir eigentlich auch als Teil vom Thema bezeichnen könnten. In den tschechischen Übersetzungen geht die Tendenz in Richtung, den Verweis an den Anfang des Satzes zu schieben. Der Verweis ist bei beiden Übersetzungen jeweils hinter dem Verb und besetzt das Rhema nicht. Also als das Rhema könnte man „proud chladného vzduchu a vůní― bei B. Durych und „proud chladu a vůně― bei J. Munzar bezeichnen. Die Tendenz bei B. Durych einen einfachen Satz zu behalten, kann man auch beim Wort „na unaveného― sehen, denn eine Ergänzung im Tschechischen ist erforderlich.
3.3 Lexikalische Ebene 3.3.1 Nomina Propria Im Text befinden sich folgende Antroponyma: Florio, Forutnato, Donati, Bianca, Pietro. Alle diese Namen werden im Text abweichend von der sprachlichen Norm, wie z. B. Bianca im deutschen Text bzw. Bianka in tschechischen Übersetzungen dementsprechend übersetzt. Bianka ist eigentlich das einzige Antroponymum, das modifiziert wurde, da die anderen Namen keine solchen Vokale enthalten, die man dem Tschechischen anpassen müsste. Bei B. Durych finden wir keine Alternative zu den Pronomina an der Stelle der Namen. Im Text erscheinen auch noch Namen von römischen Göttern Diana, Neptun und Venus. Diana und Neptun wird in Fortunatos Lied erwähnt und beide Übersetzter behalten die Bezeichnungen. Venus und die indirekte Bezeichnung Venusbild ist als Venuše und Venušina socha übertragen.
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Im Text gibt es nur drei Toponyma, es sind folgende Namen: Lucca, Italie und Mailand. Wie es schon oben im die Rechtschreibung behandelnden Teil erwähnt wurde, wird das Wort „Lucca― als „Lukka― bei B. Durych und als „Lucca― bei J. Munzar geschrieben. Der Ortsname „Italie― erscheint im Text nur einmal. In den tschechischen Texten wird das Wort beibehalten, hingegen wird bei B. Durych „Italie― und bei J. Munzar „Itálie― verwendet. Der letzte Ortsname „Mailand― ist nicht mehr so eindeutig übertragen, wie in den vorher genannten Fällen. B. Durych übersetzt es als „Milán―, bei J. Munzar „májová krajina―. „Und so zogen die Glücklichen fröhlich durch die überglänzten Auen in das Blühende Mailand hinunter.―84 „A tak šťastni vesele putovali ozářenými nivami dolů do kvetoucího Milána.―85 „A tak ti šťastní vesele táhli ozářenými loukami dolů do rozkvetlé májové krajiny.―86 B. Durych hält das Wort „Mailand― für die Stadt im Norden Italiens. J. Munzar geht von einer anderen Erfahrung aus. Aus der geographischen Sicht liegt die Sadt Lucca südlicher als Mailand und befindet sich in der Toskana. Das Wort „hinunter― könnte auch nach Süden bedeuten, d.h. dass die Gruppe nicht nach Mailand aufbrach, sondern dass sie in die Gegenrichtung losgegangen ist, in Richtung Süden. Diese Theorie bestätigt auch die Textanalyse, die auf der Seite der Uni Kiel87 veröffentlicht wurde. Es wird behauptet, dass die Venus-Gestalt ein Symbol des Monats April, des heidnischen sei. Mai solle dann das christliche Symbol, der heiligen Maria darstellen, denn im katholischen Kalender ist Mai der Verehrung der Gottesmuter Maria gewidmet. In der Studie von Fridrich Weschta können wir erfahren, dass die Gruppe „dahinreitet―88. Es wird keine bestimmte Richtung erwähnt wie in der von Uni-Kiel veröffentlichten Studie. Also man könnte sich eher der Lösung von J. Munzar zuneigen. Hätte man diese Interpretation und dann folgende Übersetzung angenommen, würde ein Problem auftauchen. Der Leser wird in den Text mit folgenden Satz eingeführt: „Es war ein schöner Sommerabend, ein junger Edelmann, langsam auf die Tore von Lucca zuritt,
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Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 564. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944. 86 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45. 87 Google - Joseph von Eichendorff: Lyrik / Das Marmorbild [online]. http://www.literaturwissenschaft-online.uni-kiel.de/veranstaltungen/vorlesungen/lit19/VIEichendorff.pdf [Stand 24. 11. 2014]. 88 Weschta, Friedrich. Eichendorffs Novellenmärchen „Das Marmorbild“. Prag: Druck und Verlag von KoppeBellmann, 1916, s. 36. 85
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…“.89 Es wird die Zeit der Reise im Sommer beschrieben. Florio verbringt höchstens ein paar Wochen in Lucca, und wenn er mit seiner Gruppe wegfährt, soll es Frühling sein, wenn man Mailand als ein Land im Mai interpretiert. Der Anfangssatz widerspricht dem Schlusssatz und die objektive Realität verneint die Reihenfolge, dass zuerst der Sommer und danach der Frühling kommt. Man
könnte
es
als
„mariánská
krajina―
übersetzen,
wenn
man
der
literaturwissenschaftlichen Theorie der Uni Kiel folgen würde. Es entsteht aber die Frage, ob diese Lösung nicht zu weit mit der eigenen Interpretation gehen würde. Im Originaltext funktioniert doch die Zweideutigkeit des Wortes Mailand. Leider ist es im Tschechischen nicht möglich, es dementsprechend zu übertragen. Der Übersetzer muss sich mit dem Wort im Kontext auseinandersetzen und es dann interpretieren.
3.3.2 Lexikalische Stilelemente 3.3.2.1 Historismen Der Historismus bezeichnet untergangene mit der Vergangenheit verbundene Realien und Erscheinungen. In dem Sinne lässt sich das Wort „Ritter― dementsprechend charakterisieren. Sowohl im Deutschen als auch im Tschechischen geht es um ein historisches Wort, das mit dem Mittelalter verbunden ist. In der Eichendorffschen Zeit gab es schon lange keine Ritter mehr. In den analysierten Übersetzungen erscheint das Wort Ritter, weil es eine bestimmte Person im Text charakterisiert – Ritter Donati. Die Darstellung des Ritters ist aber unterschiedlich übersetzt. Zuerst erwähnen wir den Originaltext: „… ein hoher, schlanker Ritter in reichem Geschmeide, das grünlichgoldene Scheine zwischen die im Winde flackernden Lichter warf, …―90; B. Durych stellt Donati als einen klassischen mittelalterlichen Ritter dar: „… vysoký, štíhlý rytíř v bohaté zbroji, jež vrhala zeleně zlatou záři do plápolajících světel v lese.―91 Dagegen macht der Ritter von J. Munzar einen anderen Eindruck: „… vysoký štíhlý rytíř, bohatě ozdobený šperky, které vrhaly do stanu zelenozlaté záblesky mezi světla, plápolající ve větru.―92 Die eindeutige Bedeutung des Wortes Ritter bekommt auf einmal einen anderen Sinn im Kontext des ganzen Satzes, bzw. in der 89
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 526. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. 91 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 12. 92 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45. 90
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Verbindung mit dem Wort Geschmeide93. Geschmeide ist ein veraltetes Wort und man kann es als Rüstung oder Schmuck verstehen. Wenn man es im Sinne der Rüstung übersetzt kann der Leser eine traditionelle Vorstellung der Gestalt erhalten, wie wir sie z. B. aus den Abbildungen der Ritterturniere kennen. J. Munzar zeichnet ein anderes Bild von Donati. Er wirkt als ein reicher Adelige ohne Rüstung, aber mit viel Schmuck, der seinen Stand bestätigt. Der andere Historismus, der in den Übersetzungstexten erscheint, ist „Edelknabe―, auf Tschechisch „páže―. „Reichgeschmückte Edelknaben reichten Wein und mit Blumen verdeckte Orangen und Früchte in silbernen Schalen umher.―94 Der Text von B. Durych: „Bohatě zdobená pážata podávala víno a květinami pokryté pomeranče a ovoce na stříbrných mísách.―95; und von J. Munzar: „Bohatě zdobená pážata nabízela víno, květinami zakryté pomeranče a ovoce na stříbrných mísách.―96 Im Tschechischen bietet sich ein Synonym „panoš― an. In Slovník spisovného jazyka českého ist kein Merkmal beschrieben und das Wort kann sogar im abwertenden Sinne verwendet werden. Das Wort „Edelknabe― bezieht sich auch nur auf die geschichtliche Verwendung, d.h. man kann ihn als einen Historismus betrachten. In beiden analysierten Texten wurde ein Historismus verwendet, der dem Originalausdruck vollkommen entspricht.
3.3.3 Archaismen Archaismen auf der lexikalischen Ebene sind Wörter und Wendungen, welche in der heutigen Sprache veraltet, veraltend oder altertümelnd wirken. Aus der Sicht von heute wirkt die Definition einfach und eindeutig. Es wird problematisch im Fall, wenn man sich entscheidet einen Originaltext aus dem 19. Jh. mit Übersetzungstexten aus dem 20. Jh. zu vergleichen, da Wörter, die in der Zeit der Entstehung des Textes zum neutralen Wortschatz gehörten, veraltend und veraltet werden können.
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Geschmeide: Das auf das dt. Sprachgebiet beschränkte Wort (mhd. geschmīde, ahd. gischmīdi) ist eine Kollektivbildung zu dem untergegangenen Substantiv mhd. schmīde »Metall; Schmuck«, ahd. schmīda »Metall«, das zu der unter ↑ Schmied dargestellten Wortgruppe gehört. Die Kollektivbildung wurde zunächst im Sinne von »Metall« gebraucht und bezeichnete dann das aus Metall geschmiedete Gefäß und Gerät, den Metallschmuck und die metallene Waffe und Rüstung. In Österreich ist ›Geschmeide‹ noch im Sinne von »Metallwaren« gebräuchlich; in Deutschland nur noch im Sinne von »Erzeugnisse des Goldschmiedehandwerks«. Alsleben, Brigitte [Red.]. Duden, Das Herkunftswörterbuch. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2007, S. 271. 94 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 554. 95 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 34. 96 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 69.
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Im Original begegnet man dem Wort Larve97, das vom Synonymwörterbuch in der Bedeutung einer Maske als veraltend bezeichnet wird. In den tschechischen Wörterbüchern Slovník spisovného jazyka českého und Příruční slovník jazyka českého können wir erfahren, dass das Wort „maska― Synonyme „larva― und „škraboška― hat. Beide Wörter tragen keine historischen oder stilistischen Zeichen, also sie gehören zum gebräuchlichen Wortschatz, wobei beim Wort „larva― könnte man behaupten, dass sein Gebrauch in dieser Bedeutung nicht üblich ist. Die Bedeutung im Deutschen erschien schon im 14. Jh. und man könnte voraussetzen, dass das Wort eine neutrale Bezeichnung für Maske war, denn die andere Bedeutung hat sich erst im 18. Jh. entwickelt98. In der Übersetzung von B. Durych erscheinen insgesamt fünf Ausdrücke, die man als veraltet bezeichnen kann. Das erste veraltete Wort erscheint im folgenden Satz: „Druhý den ráno seděli spolu Florio a Fortunato pod vysokými, sluncem prozářenými stromy před hostincem při snídaní.―99 Wie wir im Original sehen können bemühte sich B. Durych den Satz treu zu übersetzen: „Am folgenden Morgen saßen Florio und Fortunato unter den hohen von der Morgensonne durchfunkelten Bäumen vor der Herberge miteinander beim Frühstück.―100 „Snídaní― bezeichnet Slovník spisovného jazyka českého als veraltetes Wort. Der Archaismus lässt sich als vokaler Archaismus charakterisieren, denn es gibt eine vokale Alternative zum Wort – „snídaně―. In Příruční slovník jazyka českého finden wir es als neutrales Wort und veraltet ist eine andere vokale Variation
- „snídání―. Da dieses Wörterbuch in der
Zwischenkriegszeit herausgegeben wurde, könnten wir es als neutrales Wort betrachten, aber in Bezug auf den gegenwärtigen Standard als veraltet. Wenn wir den Satz mit der moderneren Übersetzung von J. Munzar vergleichen, sehen wir bei ihm eine Satzverbindung: „Příštího rána spolu seděli Florio und Fortunato pod vysokými, ranním sluncem ozářenými stromy před hostincem a snídali.―101 Er verbalisiert die präpositionale Gruppe „beim Frühstück― und dadurch dynamisiert er den Satz. Die im Original angeführte statische Darstellung, als
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Eickhoff, Birgit. Duden, Das Synonymwörterbuch. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2007, S. 604. 98 Larve »[Gesichts]maske« und »frühes Entwicklungsstadium bestimmter Tiere, das im Hinblick auf die Gestalt von der Form des ausgewachsenen Tieres stark abweicht«: Das seit dem 14. Jh. bezeugte Substantiv (mhd. larve »Maske; Gespenst«) ist aus lat. larva »böser Geist, Gespenst; Maske, Larve« entlehnt. Erst seit dem Ende des 18. Jh.s wird ›Larve‹ in der Zoologie als Bezeichnung für eine Jugendform mancher Insekten verwendet, in der gleichsam hinter einer Maske das wirkliche Erscheinungsbild des voll entwickelten Insekts noch verborgen ist. Alsleben, Brigitte [Red.]. Duden, Das Herkunftswörterbuch. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2007, S. 470. 99 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 17. 100 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 537. 101 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 51.
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Fortunato und Florio nur beim Frühstück sitzen, bereichert er um einen neuen Satz, der aus einem Verb besteht und fügt eine andere Aktion –frühstücken – dazu. „Vůkol nebylo viděti člověka, všude vládlo hluboké ticho.―102 Das Adverb „vůkol― ist wieder in Příruční slovník jazyka českého als neutral bzw. gehoben zu finden. Die neueren Wörterbücher Slovník spisovné češtiny und Slovník spisovného jazyka českého vermerken, dass es um ein veraltetes Wort geht. B. Durych überträgt auf diese Art den neutralen Ausdruck: „Kein Mensch war ringsum zu sehen, tiefe Stille herrschte überall.―103 Im Vergleich mit dem Wortschatz seiner Zeit auch mit einem neutralen Wort. J. Munzar lässt diese lokale Bestimmung aus und verwendet das negative Adverb: „Nikde nebylo vidět člověka, všude panovalo hluboké ticho.―104 Im Tschechischen wird auf diese Art die absolute Negation ausgedrückt. Das nächste veraltete Wort im Text von B. Durych ist „vrkoč―. Es wurde nicht so oft verwendet, sondern es erscheint nur zweimal im Text: „Dlouhý zlatý vlas jí v bohatých vrkočích padal na téměř nahá, oslnivě bílá ramena a až na záda;...―105 und „...půvabná dívka, oblečená do lehkého řeckého hávu, s krásnými vrkoči, umně spletenými.―106 Wie in oben genannten Fällen gehört das Wort „vrkoč― in der heutigen tschechischen Sprache aufgrund der Bedeutungswörterbücher zu veralteten Wörtern. Příruční slovník jazyka českého erfasst kein historisches Merkmal des Wortes. Im gegenwärtigen Tschechischen wirkt das Wort veraltet und in Slovník spisovné češtiny und Slovník spisovného jazyka českého wird das Wort als veraltet bezeichnet. Wenn wir seine Übersetzung mit dem Original vergleichen, können wir feststellen, dass er durch das Wort zwei Synonyme übertragen hatte: „Ihr langes goldenes Haar fiel in reichen Locken über die fast blassen, blendend weißen Achsel bis auf den Rücken hinab; ...―107 und der zweite Satz: „Da trat ein zierliches Mädchen an ihn heran, in griechischen Gewande leicht geschürzt, die schönen Haare in künstliche Kränze geflochten.―108 Einmal erscheint im Text „Locken― und ein anders mal „Haare―. Das tschechische „vrkoč― bedeutet auf keinen Fall „vlas―. Es bedeutet eher Haarsträhne, also größere Anzahl von Haaren. Im ersten Fall versuchte B. Durych, die Bedeutung dementsprechend zu übersetzen. Er behielt die Metonymie pars pro toto und Locken übersetzte er als „vrkoče―. Im tschechischen Wortschatz gibt es auch das Synonym „lokna―. 102
Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 20. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 540. 104 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 53. 105 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 20. 106 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 25. 107 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 540. 108 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 545. 103
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Es geht aber um ein Lehnwort aus dem Deutschen wie es Slovník spisovného jazyka českého bemerkt. B. Durych verwendete auf der anderen Stelle auch das Wort „kadeř―, das zu der gehobenen Sprache zugeordnet wird. Jetzt sehen wir uns die Lösungen von J. Munzar an: „Její dlouhé zlaté vlasy jí v bohatých kadeřích spadaly přes téměř obnažená oslnivě bílá ramena až dolů na záda;―109 und „...sličná dívka v lehce podkasaném řeckém oděvu, krásné vlasy spletené do složitých věnečků.―110 „Haare― und „Locke― stehen in der Relation Unterordung-Überordnung. Im Originalsatz kommt diese Beziehung vollkommen zustande. Für den Übersetzer entsteht keine Möglichkeit die Synonyme „Haare― und „Locke― zu variieren, sondern er muss sinnverwandte Wörter suchen, die als Hyperonym „Haare― haben. Im Deutschen gibt es drei neutrale Synonyme zu „Locke―: Haarbüschel, Haarlocke (eigentlich nur um Haar ergänzt) und Welle. Im Tschechischen gibt es zwei Synonyme zu „lokna―: pramen vlasů; lokýnka (Deminutivum zu Lokna). „Lokna―, hat wie schon erwähnt eine deutsche Herkunft und ist nicht eindeutig stilistisch definiert, denn Příruční slovník jazyka českého und Slovník spisovného jazyka českého bezeichnen das Wort als neutral bzw. wir erfahren nichts von der stilistischen Abgrenzung. Dagegen bezeichnen Slovník spisovné češtiny und Slovník cizích slov es als umgangssprachlich. Zur Zeit der ersten Übersetzung wurde also das Wort eher als neutral wahrgenommen. Wir können aber behaupten, dass die deutsche Herkunft des Wortes in den 40er Jahren des 20. Jhs. mehr zu spüren war, als 40 Jahre später, als die andere Übersetzung entstanden ist und die stilistische Bewertung sich in die Umgangssprache verschoben hat. Die Übersetzer haben also im Vergleich zum Original zu gehobenen oder veralteten Mitteln gegriffen. Wir möchten auf den zweiten Beispielsatz aufmerksam machen, denn B. Durych überträgt „Haare in künstliche Kränze geflochten“ als „vrkoči, umně spletenými―. B. Durych behält die Art, in welcher Harre verflochten sind, aber gleichzeitig lässt er „Kränze―, auf Tschechisch „věnce―, aus. In der zweiten Übersetzung bleibt das Wort „Kränze―, aber wie bereits oben zitiert wurde, wurde es in ein Deminutivum verändert, also statt „věnce― lesen wir „vlasy spletené do složitých věnečků―. Dazu ist „künstlich― als „složitý― übersetzt. Man kann es als „komplikovaný―, also das Gegenteil zu einfach, verstehen. Der Sinn verschiebt sich ein wenig, weil wir es nur schwer als Synonym bezeichnen können.
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Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 54. Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 60.
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3.3.3.1 Zelter, Roß, Pferd oder mimochodník, kůň und oř Im Originaltext gleich auf der ersten Seite begegnet der Leser dem Wort „Zelter―. Ich wage zu sagen, dass der gegenwärtige Leser nicht ahnt, was es genau bedeutet. Er nimmt möglicherweise an, dass es um ein Tier geht, dass man reiten kann. Er kann aber nur einschätzen, dass es um eine Pferdeart geht. In den tschechischen Übersetzungen erscheinen folgende Varianten: „mimochodník―, „kůň― und „oř―. B. Durych verwendet nur die Bezeichnung „kůň― und „oř― und er unterscheidet nicht, ob im Originaltext das Wort „Zelter― oder „Pferd― verwendet wurde, z. B. „...einen schneeweißen Zelter bestieg.―111 → „... na sněhobílého oře.―112; „…Da sah er das Fräulein auf einem schönen Zelter…―113 → „Spatřil slečnu, klusající na krásném koni...―114. B. Durych übersetzt das Wort ohne ein System, bzw. ohne Anspruch an eine Konsequenz. J. Munzar hingegen benutzt das Wort „mimochodník―, welches im tschechischen Wortschatz nicht üblich ist und der tschechische Leser müsste wahrscheinlich nachschlagen, was das Wort bedeutet. Das deutsch-böhmische Wörterbuch von J. Dobrovský übersetzt das Wort „Zelter― als „mimochodník― und „slapák― oder „klusák―. „Klusák― können wir dann auch im Slovník spisovného jazyka českého genau wie „mimochodník― finden115. J. Munzar übersetzte meistens „Zelter― als „mimochodník― und „Pferd― als „kůň―, z. B. Übertragung zu der oben erwähnten Lösung von B. Durych: „…vystoupila na sněhobílého mimochodníka.―116 und „Spatřil paní, jak jede na krásném mimochodníku…―117 Als ein veraltetes Wort kann man „oř― bezeichnen, welches in beiden Übersetzungen erscheint. Es geht eher um einen poetischen Ausdruck für ein Pferd und man kann ihn vor allem in literarischen Texten finden. Im Deutschen entspricht das Wort „oř― dem Wort „Roß―, welches auch im Original zu finden ist. J. Munzar überträgt es wieder konsequent, also immer wenn „Roß― im Text ist, steht auf der Stelle in seiner Übersetzung „oř―: z. B. „Als sie ans Tor
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Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 550. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 30. 113 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 553. 114 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 33. 115 mimochod -u m. (6. j. -u) přirozený (např. u velblouda) n. nacvičený (někdy u koně) způsob chůze, při němž zvíře kráčí vždy současně oběma nohama jedné strany; jinochod; mimochodník, -a m. (6. mn. -cích) zvíře chodící mimochodem; jinochodník: žirafa a velbloud jsou m-ci; kůň m. Slovník spisovného jazyka českého [online].http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php?hledej=Hledat&heslo=klus%C3%A1k&sti=EMPTY&where=hesla&hs ubstr=no [31.08.2014]. 116 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 64. 117 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 68. 112
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kamen, stellte sich Donatis Roß, …―118; „Když dorazili k bráně, počal se Donatiho oř, …―119. B. Durych verwendet diese Möglichkeit nur einmal in seinem Text: „na sněhobílého oře.―120 Wie es oben erwähnt wurde, übersetzt er in diesem Fall das Wort „Zelter―. In anderen Fällen verzichtet er auf die Vielfältigkeit des Originals und überträgt die Synonyma „Pferd―, „Roß― und „Zelter― als „kůň―. Man kann sagen, dass sein Text dadurch vereinfacht wird. Hingegen ist J. Munzar in diesem Sinne jedem Wort treu. Wenn im Original „Zelter― ist, steht in seiner Übersetzung „mimochodník―, bei „Pferd― findet man „kůň― und schließlich wenn Eichendorff „Roß― verwendet, steht im Text von J. Munzar „oř―.
3.3.4 Verarmung und Bereicherung des Originaltextes Unter der Verarmung des Originaltextes können wir uns eine solche Lösung des Übersetzers vorstellen, die die Bildhaftigkeit begrenzt oder vermindert (entkräftet). In der Übersetzung von B. Durych betrifft es z. B. den Satz: „..., sál se ustavičně plnil, ...―121, im Original: „..., der Saal füllte sich mehr und mehr, ...―122. Durych ersetzt das wiederholte Wort „mehr― durch ein Wort, das an sich die andauernde Tätigkeit beinhaltet, aber die Aufdringlichkeit der Wiederholung nicht mehr enthält. J. Munzar überträgt den Satz in der Intention des ursprünglichen Textes: „..., sál se plnil víc a více, ...―123. Er verwendet beide sprachlichen Variationen des unbestimmten Pronomens und lässt dem Text die aufdringliche Intention. Wenn wir den weiteren Satz mit dem Original vergleichen: „Vidíte tam to podivné světlo na staré zřícenině na kopci?―124, können wir feststellen, dass B. Durych nicht nur das Wort „Zwielicht― als „podivné světlo― übersetzte, sondern dass er auch ein Verb ausließ und dadurch den Sinn des Satzes änderte; zum Vergleich der Originalsatz: „Seht nur, wie seltsam das Zwielicht über dem Gestein der alten Ruine auf dem Berge dort spielt!―125. „Zwielicht― könnte man als Dämmerlicht verstehen. B. Durych lässt diese Bedeutung aus und übersetzt es 118
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 534. Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 46. 120 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 30. 121 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 38. 122 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 557. 123 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 73. 124 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 40. 125 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 559. 119
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als „světlo―. Er modifiziert auch den Satz, d.h. im Original ist „Zwielicht― das Subjekt, in seiner Übersetzung wird es dagegen zum Objekt. Weiter lässt er auch das Wort „Gestein― aus und vereinfacht es auf „na staré zřícenině―. J. Munzar versucht dem Ausgangstext treu zu bleiben: „Pohleďte jen, jak podivně si ranní šero zahrává s kameny staré zříceniny tam na kopci!―126 Aber auch in seiner Übersetzung wird der Sinn des Satzes ein wenig verschoben, weil das Zwielicht mit dem Gestein nicht spielt, sondern es spielt über dem Gestein. Wir könnten einen Vorschlag einer möglichen Lösung vorlegen: „Pohleďte jen, jak tam na kopci nad kamením staré zříceniny podivně hraje ranní úsvit.― Wir haben uns für ein Synonym von „Zwielicht― entschieden. Also wurde das Wort in der Bedeutung „Morgenlicht― verwendet. Wir können sehen, dass diese Lösung dem Ausgangssatz nicht vollkommen entspricht, da „šero― und „úsvit― keine Synonyme im Tschechischen sind. „Šero― bedeutet Dämmerlicht vor dem Sonnenaufgang, wenn es in Verbindung mit dem Wort „Morgen― verwendet wird. „Úsvit― heißt aber Tagesanbruch, (Morgen)Dämmerung. Man könnte auch „šerosvit― oder „jitřní šerosvit― benutzen, was dem Original am besten entsprechen würde. Es bietet sich noch z. B. „rozbřesk― an. Dieses Wort bezeichnet aber nur den Punkt des Tagesanbruches. Die Analyse hat demonstriert, dass die Übersetzung von J. Munzar gelungener als die Lösung von B. Durych klingt, der sich eher für die freie Übertragung in diesem Fall entschieden hat. „... und eilte schnell wieder zu ihren Gespielinnen zurück.―127 B. Durych und auch J. Munzar übersetzen „Gespielinnen― als „družka―: „... a rychle se vrátila ke svým družkám.―128; „... a rychle opět odkvapila ke svým družkám.―129 „Družka― ist eine neutrale Bezeichnung für eine Gefährtin. „Gespielin― weist uns aber auf Teilnehmer eines Spieles, also die mögliche Lösung wäre „spoluhráčka―, bzw. „vrátila se ke svým spoluhráčkám―. Bereicherung des Originaltextes bedeutet, dass die Lösung des Autors bildlicher oder sprachlich innovativer ist. Für ein solches Beispiel können wir den folgenden Satzausschnitt halten: „... ustavičně ho s tajným strachem úkosem pozorovala.―130 Wenn wir ihn mit dem Originalsatz vergleichen: „... hatte ihn beständig mit heimlicher Furcht von der Seite angesehen.―131 B. Durych hat ein doppeldeutiges Wort ausgewählt. Dagegen benutzt J. Munzar dem Text treue Wortverbindung „ze strany―, welche eine eindeutige Bedeutung trägt,
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Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 75. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 528. 128 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 7. 129 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 39. 130 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 13. 131 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. 127
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also dass sie ihn angesehen hat: „... si ho stále ze strany prohlížela se skrytou bázní.―132 Die Übersetzung von B. Durych kann nicht nur bedeuten, dass sie vor dem Ritter Angst hatte, sondern auch dass sie ihn misstrauisch beobachtet hat. „Fortunato ztichl a všichni ostatní s ním, ...―133; hier hat sich B. Durych für ein Zustandsänderungsverb entschieden. Im Original gibt es nur ein Kopulaverb und ein Prädikativ: „Fortunato war still und alle die übrigen auch, ...―134. Dazu drückt das Verb einen Zustand aus. „Ztichl― drückt eine Veränderung aus und das Verb bildet einen natürlichen Übergang zwischen dem Ende von Fortunatos Liedes und dem weiteren Erzählungsverlauf. Bei J. Munzar sehen wir dagegen ein Zustandsverb: „Fortunato mlčel a všichni ostatní také;―135. Er beschränkt sich aber nicht auf bloße Übersetzung und anstatt des Tschechischen „byl potichu― wählt er ein Vollverb aus. Beide Übersetzungen dieses Satzes können wir als eine Bereicherung des Originaltextes betrachten. Als das letzte Beispiel der Bereicherung der Übersetzung lässt sich der folgende Satz in den tschechischen Übertragungen vergleichen. „Florio hatte sich fest vorgenommen, ihm über Tische einmal so recht seine Liebe und Ehrfurcht, die er längst für ihn hegte, zu sagen.―136 „Florio si pevně umínil, že mu v jednu chvíli přes stůl vypoví svou lásku a úctu, kterou k němu dávno cítí.―137 „Florio si pevně předsevzal, že mu ve vhodné chvíli přes stůl náležitě vyjeví svou lásku a úctu, jež k němu už dávno chová.―138 Usprünglich war die Absicht, nur das Wort „sagen― in den tschechischen Texten zu analysieren. Wie wir aber sehen können, gibt es im Satz mehr zu bemerken. Zuerst richten wir den Fokus auf das Wort „sagen―. B. Durych übersetzt es als „vypovědět―, was man als das Synonym zu „říct― bezeichnen kann, welches eine einfache tschechische Möglichkeit für das Wort „sagen― wäre. J. Munzar wählt in seinem Text „vyjevit―. Es ist ein gehobener Ausdruckund somit stilistisch höher als „sagen―. Es bedeutet auch „říct―, bzw. es ist ein Synonym zu diesem Wort. Im Vergleich zum Original wurde auch das Wort „einmal― auf 132
Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 46. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 12. 134 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. 135 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45. 136 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 530. 137 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 9. 138 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 41. 133
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bereichernde Art übertragen, da die wortwörtliche Lösung dem Text schaden würde. Beide haben die Entscheidung getroffen, es als „chvíli― zu interpretieren. Im Punkt des adjektivischen Attributs gehen sie jedoch auseinander. B. Durych ist näher dem originalen Wort und verwendet „v jednu chvíli―. Wir können es als „in einem Moment― verstehen. J. Munzar verwendet „ve vhodnou chvíli―. Die Bedeutung verschiebt sich von „einmal― zu „im geeigneten Moment―. J. Munzar erweitert noch das Adverb „dávno― um Gradadverb und verstärkt dadurch die Aussage. Im Originaltext und bei. B. Durych sehen wir keine Zusatzangabe zum Adverb „längst―, bzw. „dávno―.
3.3.4.1 Substantivierte Adjektive Im Tschechischen kann man keine substantivierten Adjektive wie z. B. im deutschen139 Originaltext bilden: „Er wunderte sich, daß die Scheue nun so allein bei ihm aushielt.―140 Deswegen ist der Übersetzer dazu gezwungen, eine substantivische Ergänzung auszuwählen; B. Durych: „Divil se, že plachá kráska zůstala s ním nyní sama.―141; und J. Munzar: „Podivil se, že s ním ta nesmělá dívka teď zůstává sama.―142 Bei B. Durych sehen wir das Wort „kráska―, welches nicht nur eine Frau, sondern genauer gesagt eine hübsche Frau bedeutet. Er erweitert das Substantiv „die Scheue―, das die Bedeutung „eine scheue Frau― hat um ein weiteres Attribut. J. Munzar ergänzt „scheu― mit „Mädchen―, also „dívka―, welches das Attribut „jung― beinhaltet. Beide Übersetzer haben auf eigene Art den ursprünglichen Text erweitert und bereichert. In den nächsten zwei Fällen können wir sehen, dass B. Durych auf eine entsprechende Alternative verzichtet hat und beide substantivierten Adjektive wortwörtlich übersetzt hat. Der erste Satz wurde schon oben im Zusammenhang mit der aktuellen Satzgliederung erwähnt: „Dýchal z něho na unaveného proud chladného vzduchu a vůní.―143; zum Vergleich noch einmal der deutsche Originalsatz: „Ein Strom von Kühle und 139
Laut allgemeiner Regeln können Adjektive substantiviert werden. Sie werden dann wie attributive Adjektive flektiert und wechseln nicht etwa zu einem substantivischen Flektionsmuster (abgesehen von substantivierten Farb- und Sprachadjektiven und von anderen endungslosen Substantivierungen). Die Substantivierungen weisen die folgenden Eigenschaften auf: Maskulina beziehen sich auf Personen (meist spezifisch auf Männer, zuweilen auch allgemein auf Personen beiderlei Geschlechts), Feminina beziehen sich auf weibliche Personen, im Plural bestehen keine Genusunterscheidungen, die Neutrumform hat gewöhnlich das Merkmal „nicht zahlbar―, kennt also keine Pluralformen und bezieht sich auf Unbelebtes aller Art (daneben kommt auch der Bezug auf nicht erwachsene Lebewesen (Menschen, Tiere) vor. Kunkel-Rauzum, Kathrin; Münzberg, Franziska [Red.]. Duden, Die Grammatik. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2006, S. 354-355. 140 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 548. 141 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 29. 142 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 63. 143 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 19.
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Duft wehte den Ermüdeten erquickend daraus an.―144 Da enstehen zwei Möglichkeiten, wie wir „unaveného― klassifizieren können. Es geht entweder um ein substantiviertes Adjektiv in der Funktion des Objekts im Satz, laut der Wortbildung wie z. B. „nemocný―, oder es geht um eine Ellipse, weil das determierte Substantiv ausgelassen wurde. Wenn wir den Satz mit der Übersetzung von J. Munzar vergleichen, stellen wir fest, dass es sich eher um eine Ellipse handelt, denn das fehlende Substantiv wurde ergänzt und der Satz wird daraus folgend komplett: „Na unaveného mladíka vanul zevnitř proud chladu a vůně a osvěžoval jej.―145 Ähnlich wirkt auch das nächste Beispiel, in dem B. Durych wieder ein Adjektiv in der Funktion des Substantives verwendet: „... až se nad rozradostněným uzavřely vlny večerních červánků.―146 Das Original lässt uns nicht zweifeln, dass er wieder das Abdjektiv bloß übersetzt hat: „..., bis die Wellen des Abendrots über dem Fröhlichen zusammenschlugen.―147; und der Satz in der Interpretation von J. Munzar: „..., dokud se nad tím veselým poutníkem neuzavřely vlny večerních červánků.―148 Er ergänzt wiederum das Adjektiv um das Substantiv „poutník―. Aus der Sicht der Bereicherung lässt sich behaupten, dass J. Munzar in den zwei zuletzt erwähnten Beispielen den Text stilistisch besser übertragen hat, weil wenn wir seine Sätze mit der Übersetzung von B. Durych vergleichen, klingen sie gelungener, denn diese Adjektiva verlangen ein Substantiv, welches sie ergänzen können. „Er hob ihn auf und überreichte ihn der nacheilenden Bekränzten.―149 Im Unterschied zu oben genannten Beispielen wurde B. Durych in diesem Fall dazu gezwungen, eine Ergänzung zu erfinden, denn es gibt im Tschechischen keine mögliche korrekte Aussage, in welcher das Wort ohne ein Substantiv erscheinen könnte. „Zdvihl jej a podal přispěchavší dívce s věncem.―150 B. Durych entlehnt die mögliche Übersetzung des Wortes „bekränzt― als „ověnčený― und ersetzt es mit dem nicht kongruenten Attribut „s věncem―. Diese Variante schließt aber die Möglichkeit aus, dass das Mädchen mehrere Kränze hätte. J. Munzar greift zu der wortwörtlichen Übersetzung: „Zvedl jej a předal přispěchavší ověnčené hráčce.―151 Wie wir sehen können, sagt das Wort „ověnčený― nichts über die Anzahl der Kränze aus. Sie kann einen Kranz oder mehrere Kränze tragen. Interssant ist auch die Bezeichnung der beiden Übersetzungen. B. Durych beschränkt sich mit dem allgemeinen Ausdruck „dívka―, welches wie auch schon erwähnt wurde die Merkmale „Frau― und „jung― enthält. Dagegen bezeichnet 144
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 540. Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 53. 146 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 23. 147 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 543. 148 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 57. 149 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 528. 150 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 7. 151 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 39. 145
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das Wort „hráčka― zwar auch eine Frau, aber eine Frau, die spielt. Diese Analyse hat sich nur auf diesen Satz beschränkt. Nehmen wir den Satz im Kontext des Absatzes bzw. des Textes. Hier ergibt sich, dass das Mädchen in den Haaren einen vollen Kranz trägt und mit anderen Mädchen spielt. Die allgemeine Bezeichnung des Originals „die Bekränzte― weist darauf hin, dass sie einen Kranz hat und es unterscheidet sie von den anderen, weil wir aus dem Text nicht erfahren, ob die Anderen einen Kranz haben oder nicht. Nur die eine Bekränzte hat es. Leider ermöglicht es die tschechische Sprache nicht dieses Wort dementsprechend zu übertragen. Meiner Meinung nach kann man ein Wort schwer erfinden, welches ähnliche, oder sogar gleiche Merkmale tragen würde. Wenn wir die zwei Übersetzungen vergleichen , stellen wir fest, dass sich B. Durych dem Original angenähert hat, weil „dívka s věncem― nur die Merkmale „weiblich―, „jung― und „mit einem Kranz― enthält und es mehr dem Wort „die Bekränzte― entspricht, welches „weiblich― und „mit einem Kranz― bedeutet. Einen möglichen Ersatz für das substantivierte Adjektiv stellt das Wort „der Seltsame― dar: „Florio fuhr ordentlich zusammen, als der Seltsame sich darauf vor allen andern zu ihm wandte und ihn als einen früheren Bekannten in Lucca willkommen hieß.―152 Im Tschechischen gibt es ein schönes Wort „podivín―, welches eine Alternative zum „Seltsamen― bilden könnte, da wir wieder kein substantiviertes Adjektiv bilden können. Diese Ausnahme in der Wortschatzauswahl haben leider beide Übersetzer nicht ausgenutzt und das Wort folgendermaßen übertragen: „Florio se velmi polekal, když podivný host se poté přede všemi obrátil k němu a přivítal ho jako starého známého z Lukky.―153 „Der Seltsame― ist von B. Durych als „podivný host― übersetzt. Seine Entscheidung entspringt wahrscheinlich aus dem vorherigen Kontext. Im Eichendorffschen Text singt Fortunato von einem stillen Gast und dann wird er noch einmal vom auktorialen Erzähler erwähnt: „Alle dachten bei seinem plötzlichen Erscheinen unwillkürlich schaudernd an den stillen Gast in Fortunatos Liede.―154 Der Ritter wird in Verbindung mit dem stillen Gast gebracht. Diese Ergänzung könnte man schon für eine eingreifende Interpretation halten, da der Übersetzer dem Leser vorlegt, dass der Ritter der Gast aus dem Lied sein könnte. „Florio se pořádně ulekl, když se ten podivný člověk nato přede všemi ostatními obrátil k němu a vítal ho v Lucce jako starého známého.―155 J. Munzar überträgt das analysierte Wort als „podivný člověk―, was eine Alternative darstellt. Wir haben absichtlich den ganzen Satz zitiert, da sich in ihm noch ein substantiviertes Adjektiv „der Bekannte― befindet, das zeigen sollte, dass diese Form im Tschechischen 152
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 12. 154 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. 155 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45. 153
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ähnlich gebildet werden kann. Das Wort „známý― analog zu „ der Bekannte― gehört zur Gruppe dieser Substantiva und stellt eine entsprechende Alternative ohne der sonst nötigen Ergänzung dar. Die substantivierten Adjektiva stellen einen schwierigeren Punkt für die Übersetzung dar, weil der Übersetzende die Entscheidung treffen muss, was für den bestimmten Kontext geeignet ist. Die beste Lösung wäre auf jeden Fall ein entsprechendes Wort in der Zielsprache zu finden. Leider, wie es demonstriert wurde, gibt es die Möglichkeit nicht immer und der Übersetzer muss zur Ergänzung greifen, die aber nicht das ursprüngliche Wort des Originaltextes überschreiten sollte.
3.3.5 Präpositionen Präpositionen spezifizieren die syntaktische Funktion der Substantive, weniger oft der Adverbien, durch Bezeichnung des Verhältnises zum Verb oder zu einem anderen Satzglied (Substantive, Adjektive, Adverbien). Mehr als ihre syntaktische Funktion wird uns im ersten Beispiel ihre Bedeutung interessieren, weil diese scheinbar ähnliche Bedeutung der einzelnen Präpositionen den Satz, bzw. die Aussage deutlich verändern kann. In den analysierten Texten stoßen wir auf einen Widerspruch, wie es im Zitat „vor den Toren― übersetzt wird: „Die früheste Morgendämmerung fand ihn schon zu Pferde vor den Toren der Stadt.―156 Denn bei B. Durych überrascht uns die Präposition „za―, die eine ein wenig andere Bedeutung als „před― hat: „Ranní svítání ho zastihlo již na koni za městskou branou.―157 Die Bedeutung der Präposition „vor― lässt sich für diesen konkreten Fall, also für Dativ im lokalen Sinne, erwähnen: Präposition mit Dativ wird verwendet, um auszudrücken, dass etwas auf der vorderen Seite und dem Betrachter zugewandt ist. Ihr Antonym ist die Präposition „hinter―158. Příruční slovník jazyka českého und Slovník spisovného jazyka českého geben eine gleiche Definition wie das deutsche Bedeutungswörterbuch. Zum Vergleich in der Übersetzung von J. Munzar ist „před―: „Za nejčasnějšího ranního úsvitu byl už na koni před branami města.―159 „Vor den Toren der Stadt― kann also auf beiden Seiten des Tores bedeuten, d. h. im Sinne, dass wir vor dem Tor stehen und wir das Tor vor uns haben und damitnoch in der Stadt sind. 156
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 559. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 39. 158 Cyffka, Andreas, und Koll. PONS Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen, 2006, s. 1514. 159 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 75. 157
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Selbstverständlich ist diese Situation nur vereinzelt, jedoch können wir sie nicht ausschließen. Die üblichere Bedeutung ist aber auch, dass wir das Tor hinter uns haben und uns somit außerhalb der Stadt befinden. Diese Doppeldeutigkeit, die im Tschechischen genauso funktioniert, wurde in der Übersetzung von J. Munzar beibehalten. Auf der anderen Seite ermöglicht sie auch die gegensätzliche Präposition „za― zu verwenden, wie wir bei B. Durych sehen können, und der Sinn des Satzes bleibt unverändert. Die präpositionale Differenz erscheint auch in folgendem Satz: „... und ihn als einen früheren Bekannten in Lucca willkommen hieß.―160 B. Durych übersetzt „in Lucca― als „z Lukky―: „... a přivítal ho jako starého známého z Lukky.―161 In diesem Fall geht es nicht mehr um die Abgrenzung einer Bedeutung, weil die Präpositionen „z― und „v― den Sinn des Satzes ändern. Die andere Interpretation lässt sich bei J. Munzar sehen: „... a vítal ho v Lucce jako starého známého.―162 Im Satz wird verglichen, wie freundlich der Ritter den jungen Florio grüßt. Die präpositionale Verbindung „z Lukky― bildet den Eindruck, dass der Ritter Florio so freundlich willkomen heißt, als ob er ein alter Bekannter aus Lucca wäre. Hingegen sagt die Übersetzung „v Lucce― und vor allem aus, dass der Ritter ihn als einen Bekannten grüßt, welchem er in Lucca begegnet ist.
3.4 Stilistische Ebene 3.4.1 Bildliche Beschaffenheit des literarischen Kunstwerks Die Metapher stellt als die übertragene Bedeutung einen unteilbaren Bestandteil des literarischen Kunstwerks dar. Laut Jiří Levý leidet das übersetzte Werk öfters unter den folgenden Besonderheiten: a) statt der konkreten Bezeichnung wird ein allgemeiner Ausdruck verwendet, b) statt eines expressiven Wortes wird ein neutraler Ausdruck verwendet und c) es werden nur wenige Synonyme zur Abwandlung des Ausdruckes verwendet.163 Die ersten zwei Punkte können nicht bestritten werden. Der Übersetzer sollte den möglichst treuen Ausdruck bzw. Satz verwenden und damit das Werk und seine ästhetische Wirkung unverändert belassen. Die Metapher ist der Kern der Dichterpersönlichkeit und das Ziel des Übersetzers ist es, diese Metapher genau zu übertragen. Den dritten Punkt könnte man in
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Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 12. 162 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45. 163 Levý, Jiří. Umění překladu. Praha: Československý spisovatel, 1963, S. 93. 161
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Frage stellen, weil man den Stil des Autors respektieren muss. Der Autorenstil soll für den Übersetzer die oberste Autorität sein. Wenn der Autor einen bestimmten Ausdruck wiederholt, auch wenn es sich um einen Namen der Person handeln würde, soll der Übersetzer es respektieren und nicht durch allerlei Umschreibungen ersetzen.164 Im grammatischen Teil und vor allem im lexikalischen Teil haben wir auch die stilistischen Merkmale erwähnt. Im stilistischen Teil sollte dann der Fokus auf den Aufbau und die Wirkung des Werkes gerichtet werden. Die literarische Komposition der Novelle basiert auf dem Kontrast, der stark vertreten ist. Der Leser kann nicht nur den Hauptkontrast Fortunato vs. Donati verfolgen, sondern auch den Kontrast Heidentum vs. Christentum, Tod vs. Leben, den Stimmungskontrast und den Kontrast Licht vs. Schatten. Fortunato und Donati sind die Begleiter des Hauptdarstellers Florio. Er als werdender Dichter begegnet Fortunato und nach einem kurzen Gespräch erkennen sie gegenseitig ihre Vorliebe, die Dichtkunst. Fortunato tritt als erfahrener Autor auf. Dagegen ist Fortunato auf dem Weg zu dichten. Dies passiert am Anfang der Novelle: „Da gesselte sich, auf zierlichem Zelter, desselben Weges ziehend, ein anderer Reiter in bunter Tracht, eine goldene Kette um den Hals und ein samtes Barett mit Federn über den dunkelbraunen Locken, freundlich grüßend zu ihm. Beide hatten, so nebeneinander in den dunkelnden Abend hineinreitend, gar bald ein Gespräch angeknüpft und dem jungen Florio dünkte die schlanke Gestalt des Fremden, sein frisches, keckes Wesen, ja selbst eine fröhliche Stimme o überaus anmutig, daß er gar nicht von demselben wegsehen konnte.―165 „Tu se k němu připojil, přátelsky jej zdravě, jiný jezdec v pestrém kroji, se zlatým řetězem na krku a sametovým baretem s pery na tmavohnědých kadeřích, jenž jel stejnou cestou. Jedouce tak vedle sebev stmívajícím se večeru, brzy navázali hovor a mladému Floriovi se zdály štíhlá cizincova postava, jeho svěží, smělá bytost i jeho veselý hlas tak náramně roztomilé, že se od něho nemohl odloučiti.―166 „Tu se k němu přidružil a přátelsky jej pozdravil jiný jezdec v pestrém oděvu na krásném mimochodníku, okolo krku zlatý řetěz a sametový baret s péry na tmavohnědých kadeřích. Když tak jeli vedle sebe do šeřícího se večera, navázali velice brzy rozhovor a mladému Floriovi připadala cizincova štíhlá postava, jeho živá a rázná povaha, ba dokonce i jeho veselý hlas tak nevýslovně okouzlující, že z něho nespouštěl oči.167
Fortunato schließt sich Florio freundlich an. Beide nähern sich der Stadt Lucca und beide haben denselben Weg. Die Eröffnungsszene zeigt uns die Geburt (den Anfang) der Freundschaft zwischen Florio und Fortunato. Aus der Andeutung „dem jungen Florio― lässt sich erahnen, dass Fortunato nun älter, und wie wir später erfahren ein auch erfahrener Dichter sei. Auf dem ersten Blick ist Florio für Fortunato begeistert. Fortunatos Gestalt und Charakter bezaubern ihn. Diese unauffällige Abhängigkeit lässt auch Florios Jugend ausdrücken. Wenn wir das Original mit den zwei Übersetzungen vergleichen, können wir 164
Kundera, Milan. Kastrující stín svatého Gardy. Brno: Atlantis, 2006, S. 40-46. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 526. 166 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 5. 167 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 37. 165
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feststellen, dass in jeder Übersetzung ein Teil des Satzes ausgelassen wurde. Der ganze Originalsatz ist ziemlich kompliziert, voll von Partizipien, für die man im Tschechischen eine entsprechende Lösung finden muss. B. Durych, wie schon oben erwähnt wurde, lässt „auf zierlichem Zelter― aus und beschränkt die Aussage „Reiter auf zierlichem Zelter― nur auf „Reiter―. Als die zweite unglückliche Entscheidung, können wir „jel― und „jedouce― miteinander in Kontext setzen. Im Original gibt es die Häufung der Wortwurzel nicht. Diese zwei Wörter stehen in verschiedener Form nicht beinahe nebeneinander. B. Durych macht auf dieser Weise den Eichendorffschen Stil arm. J. Munzar lässt die Information über denselben Weg aus. Vergleichen wir die beiden Auslassungen, konstatieren wir, dass im Fall von B. Durych es nicht berechtig ist, die Information über das Tier auszulassen, weil es zur Beschreibung der Person gehört. Der Leser versteht zwar, dass Fortunato ein Pferd reitet, aber die Auswahl der Tierart so besonders ist, dass man es nicht weglassen darf. Die Kondensierung der Aussage bei J. Munzar ist weniger erheblich, weil der Kontext die Ellipse ermöglicht. Keine Information ist verloren gegangen. Man will nicht genehmigen, dass etwas aus dem Original einfach verschwindet, aber im Vergleich mit der Übersetzung von B. Durych klingt diese Lösung glücklicher. B. Durych weicht vom Original auch im letzten Satz ab. Florio hat sich für Fortunato gleich überaus begeistert. Seine glänzende Persönlichkeit hat ihn vollkommen erfasst und deswegen kann er von ihm nicht wegsehen. In der Übersetzung von B. Durych erfahren wir aber, dass er sich von Fortunato nicht trennen kann. Im Original geht es auf keinen Fall um eine Trennung, sondern es geht um eine Bewunderung eines jungen beginnenden Dichters, der seinen Tutor gefunden hat. Die Kontrastperson Donati wurde zuerst in Fortunatos Lied vorausgesagt und gleich danach erscheint sie im Fokus der ganzen Gesellschaft, zu der auch Florio gehört: „Da trat ein hoher, schlanker Ritter in reichem Geschmeide, das grünlichgoldene Scheine zwischen die im Winde flackernden Lichter warf, in das Zelt herein.―168 „Tu vešel do stanu vysoký, štíhlý rytíř v bohaté zbroji, jež vrhala zeleně zlatou záři do plápolajících světel v lese.―169 „Tu vstoupil do stanu vysoký štíhlý rytíř, bohatě zdobený šperky, které vrhaly zelenozlaté záblesky mezi světla, plápolající ve větru.―170
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Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 12. 170 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45. 169
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Donati tritt dramatisch in dieser Szene auf. Fortunato, der sich vorher zu Florio gesellte, wirkt mit seinem Charisma natürlich, hingegen Donati den Eindruck eines zerrissenen Heldens erweckt. Sein Benehmen ist zwanghaft. Fortunato benimmt sich locker in der Gesellschaft, er ist der lustige Typ, der jeden zum Lachen bringen kann. Donatis Erscheinung ergänzt seine Gestalt. Er bringt die Spannung in die Gesellschaft, so dass sogar der lustige Fortunato schweigsam wird. Das Gewand von Donati wurde im lexikalischen Teil behandelt. Jetzt richten wir die Aufmerksamkeit auf die Situation der Darstellung. Donati tritt in das Zelt herein und dabei flackern Lichter im Wind. Die Novelle fängt mit den Worten „Es war ein schöner Sommerabend, ...―171 an, die Sterne glänzen, der Fluß rauscht, es hat gerade ein Abendmahl stattgefunden. Da tritt auf einmal der Unbekannte auf. Kurz vorher beendete Fortunato sein Lied. Es wird still, der Wind kommt. Die Szene erinnert an ein drohendes Gewitter. Das passiert aber in der Übersetzung von B. Durych nicht, da er die Situation als funkelnde Lichter im Wald übersetzte. Die Dynamik des Auftrittes wird vom Übersetzer gemildert. „..., der Florio herzlich lieb war aus alter Zeit, daß sich derselbe bald mit der dunkeln Gestalt auszusöhnen anfing. In die übrige Gesellschaft indes schien Donati, so nannte sich der Ritter, nirgends hineinzupassen. Eine ängstliche Störung, deren Grund sich niemand anzugeben wußte, wurde überall sichtbar.―172 „..., jež bylo Floriovi ze srdce milé ze starých dob, takže se brzy smířil s ponurou osobou. Do ostatní společnosti, jak se zdálo, se však Donati, tak se jmenoval ten rytíř, nikde nehodil. Úzkostlivý rušivý pocit, jehož příčinu nikdo nemohl udati, byl všude patrný.―173 „..., která měl Florio za starých časů upřímně rád, že se Florio brzy počal s temnou postavou smiřivat. Zdálo se však, že mezi ostatní Donati, tak se rytíř nazýval, nijak nezapadl. Všude byla patrná tísnivá nálada, jejíž příčinu si nikdo neuměl vysvětlit.―174
Florio als empfindlicher junger Mann spürt, dass Donati kein eindeutiger Charakter ist. Er wird als „dunkel― bezeichnet, im Tschechischen „ponurá osoba―, oder „temná postava―. Dieser Charakterzug ist sehr wichtig, denn er bildet den Gegenpol zu Fortunato. Es wird auch Florios Naivität und wenige Erfahrung gezeigt. Donati ist für ihn auf der einen Seite verdächtig, er kennt ihn nicht, aber auf der anderen Seite ist er mit seiner Heimat vertraut und dadurch wird er von ihm angelockt. Im folgenden Absatz wird beschrieben, wie der Ritter auch auf die Gesellschaft störend wirkt. Im Original lesen wir „eine ängstliche Störung―, die als „úzkostlivý rušivý pocit― oder als „tísnivá nálada― übersetzt wird. im Tschechischen gibt es keine entsprechende Alternative, die man in diesem Kontext 171
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 526. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 533. 173 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 13. 174 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 45-46. 172
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verwenden kann. B. Durych nähert sich dem Ausdruck, in dem er es als „ängstliches störendes Gefühl― übersetzt. Genau sowas muss auch in der Übersetzung ausgedrückt werden. Es kommt etwas Störendes. Das Wort „Störung― wiederholt und verstärkt den Eindruck, dass Ritter Donati nicht in die Gesellschaft passt. Er verdirbt die lustige Laune und den angenehmen Abend. Es legt seinen Charakter und die Stellung in der Novelle dar, weil er zusammen mit Venus den nächsten Kontrast bildet. Tod und Leben. Venus und Ritter Donati erscheinen in der Novelle als Gespenster aus der Vergangenheit. „Unter der Mauer auf zerschlagenen Marmorsteinen und Säulenknäufen, zwischen denen hohes Gras und Blumen üppig hervorschossen, lag ein schlafender Mann ausgestreckt. Erstaunt erkannte Florio den Ritter Donati. Aber seine Mienen schienen im Schlafe sonderbar verändert, er sah fast wie ein Toter aus.―175 „Pod zdí na na rozbitých mramorových kamenech a hlavicích sloupů, mezi nimiž bujně vyrážela vysoká tráva, ležel natažen spící muž. K svému úžasu poznal v něm Florio rytíře Donatiho. Ale jeho výraz, jak se zdálo, se ve spánku divně změnil, vyhlížel téměř jako mrtvý.―176 „Pode zdí, na rozbitých kusech mramoru a na hlavicích sloupů, mezi nimiž bujně vyrážely květiny a vysoká tráva, ležel natažen spící muž. S údivem poznal Florio rytíře Donatiho. Ale vypadal ve spánku podivuhodně změněný, téměř jako mrtvý.―177
Der Ort, wo sich der Ritter befindet, erinnert uns an ein Grab, genauer gesagt an ein verfallenes Grab. Er liegt in Trümmern und unter wildem Gewächs und hat ein Totenantlitz. Vergleichen wir die zwei Übersetzungen, sind keine Fehler festzustellen. Beide berücksichtigen die Darstellung des Ortes ziemlich treu dem Original. Nur B. Durych erweitert den letzten angeführten Satz und erklärt bzw. wiederholt, dass der Ritter nur scheinbar tot ist. Der Satz ist vollkommen überflüssig, denn wenn wir die Erklärung auslassen, ändert sich überhaupt nichts. Der Satz wäre korrekt. Er verdeutlicht dem tschechischen Leser, dass es nur ein Eindruck ist, aber es nicht notwendig ist, da die restliche Aussage die Information enthält. „Als er wieder aufblickte, schien auf einmal alles wie verwandelt. Der Mond sah seltsam zwischen Wolken hervor, ein stärkerer Wind kräuselte den Weiher in trübe Wellen, das Venusbild, so fürchterlich weiß und regungslos, sah ihn fast schreckhaft mit den steinernen Augenhöhlen aus der grenzenlosen Stille an.―178 „Když je opět otevřel, vše se pojednou jevilo změněné. Měsíc podivně vyhlížel z mraků, silnější vítr čeřil hladinu rybníka v chmurné vlny. Socha Venušina, tak strašidelně bílá a nehybná, hleděla na něho kamennými očními důlky z nesmírného ticha téměř děsivě.―179 175
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 541542. 176 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 21. 177 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 55. 178 Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 537. 179 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 17.
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„Když je opět otevřel, zdálo se všechno najednou jako proměněné. Měsíc vyhlížel podivně mezi mraky, silnější vítr čeřil rybník do chmurných vln, Venušina socha, tak strašidelně bílá a bez pohnutí, na něho pohlížela kamennými očními důlky z nesmírného ticha téměř strašidelně.―180
Das Leitmotiv des Venusbildes, vorher als gesuchte und gefundene Geliebte beschrieben, bekommt auf einmal ein geisterhaftes Merkmal. Die Freude an der Begegnung wechselt zum Schrecken vor der Gestalt. Es ist wichtig, die Wende der Stimmung darzustellen, was in beiden Übersetzungen gelungen ist. Der Wind als der Begleiter der bösen Figuren, welche nicht aus dieser Welt stammen und die Wiederholung der Synonyme „fürchterlich― und „schreckhaft― verleihen der Situation fast Horrormerkmale. Im dritten Abschnitt von J. Munzar sehen wir, dass er zweimal „strašidelně― statt zwei sinngleiche Wörter verwendet hat. Wäre im Original das Wort zweimal verwendet worden, könnten wir es für Absicht des Autors halten und dann wäre die Übersetzung von J. Munzar berechtigt. Eichendorff wendet aber zwei Synonyme an, die wir auch bei B. Durych sehen können. Als gelungen können wir die Auswahl des Wortes „nesmírný― betrachten. Es erscheint in beiden tschechischen Texten und ergänzt schön die Stimmung und unterstreicht die unendliche Leere, die mit dem Tod verbunden ist und entspricht selbstverständlich dem deutschen Wort „grenzenlos―. Sagen wir das Wort laut, können wir hören, wie lang es sich aussprechen lässt. Hier kommt die Unendlichkeit zum Ausdruck. Wie schon angedeutet wurde, hängt mit der Figur Venus der Stimmungskontrast eng zusammen. Sie versucht Florio in die heidnische Welt mitzunehmen und sie zeigt ihm nicht nur ihre bildschöne, sondern auch ihre dunkle Seite. Florio als passiver Held, der eigentlich keine eigene Entscheidung trifft, lässt sich von ihr oder von Donati locken. Die Novelle hat einen steigernden Charakter und sie erreicht den Klimax an dem Punkt, an dem sich Florio im Schloß von Venus befindet. „..., der Saal füllte sich mehr und mehr, die Flammen des Blitzes warfen gräßliche Scheine zwischen die Gestalten, durch deren Gewimmel Florio die steinernen Bilder mit solcher Gewalt auf sich losdringen sah, daß ihm die Haare zu Berge standen. Das Grausen überwältigte alle seine Sinne, er stürzte verworren aus dem Zimmer durch die öden, widerhallenden Gemächer und Säulengänge hinab.―181 „..., sál se ustavičně plnil, plameny blesků vrhaly ohyzdnou záři na hemžící se postavy, které se k němu ustavičně přibližovaly, až mu vlasy hrůzou vstávaly na hlavě. Děs přemohl jeho smysly, zmaten se vyřítil z komnaty a běžel dolů pestrými komnatami a sloupořadími, kde jeho kroky budily ozvěnu.―182 „..., sál se plnil víc a více, záře blesku vrhala hrůzný svit na postavy, skrze jejichž změť Florio viděl, jak se na něj kamenné sochy řítí s takovou silou, že mu vstávaly vlasy na hlavě. Hrůza přemohla všechny jeho smysly, ve zmatku se vyřítil z místnosti ven pustými, ozvěnou znějícími komnatami a sloupovími.―183 180
Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 50. Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 557. 182 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 38. 181
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Im Abschnitt wird die gruselige Szene mit deutlicher Bildhaftigkeit dargestellt. Die Erzählung kommt zu einem Höhepunkt. Eichendorff nutzt solche Mittel, damit er den gespenstischen Eindruck richtig hervorheben kann. Bei B. Durych können wir nicht nur die Verarmung des Textes sehen, sondern sein Text weicht von der Vorlage ab. Es verschwinden die Marmorbilder, die sich gewaltig auf den Hauptdarsteller eindringen und eigentlich seine Flucht verursachen. In seiner Übersetzung sind es die wimmelnden Figuren, die Florio zwingen wegzulaufen. Es verliert sich die Intensität des Ausdruckes „mit solcher Gewalt―, welcher auf den folgenden Satz hinweist, warum ihm Haare zu Berge stehen. B. Durych ändert die Aussage und der Leser erfährt, dass die Gestalten auf ihn eindringen und Florio deswegen Angst bekommt. Vergleichen wir den Text von B. Durych mit der Übersetzung von J. Munzar, können wir feststellen, dass die zweite Übertragung interpretiert und den Originalsatz mit erwartender Heftigkeit darstellt, damit die möglichst treue Wirkung beim Leser erreicht wird. Der tschechische Leser erfährt, dass die steinernen Bilder in Florio Schrecken und Grausen auslösen. Der Idiom „Die Haare zu Berge stehen― bedeutet jemanden in höchstem Maße zu erschrecken, zu entsetzen184. Im Tschechischen lässt sich der Phraseolgismus „hrůzou mu vstávají vlasy na hlavě― zur Verfügung stellen. Die deutsche Variante ist bildlicher, denn es ist nicht so explizit ausgedrückt, dass der Betroffene erschrocken ist. Der tschechische Phraseologismus enthält das Wort „hrůzou―, das man auslassen kann ohne die Bedeutung einzuschränken. Diese Variante sehen wir im Text von J. Munzar. Die Ellipse hilft dem tschechischen Text und es werden die Synonyme hintereinander wiederholt. B. Durych erklärt dem Leser auch den methaphorischen Ausdruck im letzten Satz. Im Original verlässt Florio das Zimmer in höchster Eile. Durch die Kondensierung des Satzes verstehen wir, dass er durch große Räume läuft, welche die Geräusche seiner Schritte zurückwerfen.. Es wird jedoch im Text nicht so explizit beschrieben, wie wir es aus der Übersetzung von B. Durych erfahren. Was sich der Leser nur vorstellen kann, wird ihm interpretiert und dem Leser bleibt keine Unbestimmtheitsstelle. Die Interaktion zwischen dem Text und dem Leser wird geringer, da ihm erklärt wird, was er sich vorstellen soll. Das Gemach in seinem Text ist nicht leer, sondern bunt, in denen Echos von Florios Schritten ensteht. J. Munzar hat die Bedeutung des Originaltextes nicht geändert. Im Gegenteil entsteht 183
Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 73. Scholze-Stubenrecht, Werner [Red.]. Duden, Redewendungen. Berlin: Bibliographisches Institut GmbH, 2013, S. 298. 184
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in der Verbindung „ozvěnou znějícími― ein gelungener Nachklang, der den Widerhall nachahmen kann. Licht und Schatten stellen den nächsten Kontrast in der Novelle dar. Er ist an manchen Stellen im Text auch mit dem Kontrast Tod und Leben gleichzusetzen, wie auch die Szene zeigt, als Florio dem Marmorbild im Garten begegnet.
„Der Mond, der eben über die Wipfel trat, beleuchtete scharf ein marmornes Venusbild, das dort dicht am Ufer auf einem Steine stand, als wäre die Götin soeben erst aus den Wellen aufgetaucht, und betrachte nun, selber verzaubert, das Bild der eigenen Schönheit, das der trunkene Wasserspiegel zwischen den leise aus dem Grunde aufblühenden Sternen widerstrahlte. ... Je länger er hinsah, je mehr schien es ihm, als schlüge die seelenvollen Augen langsam auf, als wollten sich die Lippen bewegen zum Gruße, als blühe Leben wie ein lieblicher Gesang erwärmend durch die schönen Glieder herauf.―185 „Měsíc, který se právě vyhoupl nad vrcholky, ostře osvětloval mramorovou sochu Venuše, která tam stála na samém břehu na kameni, jako by se bohyně právě vynořila z vln a nyní, sama okouzlena, pozorovala obraz vlastní své krásy, jež opojené vodní zrcadlo odráželo uprostřed hvězd, jež vykvétaly ze dna. ... Čím déle hleděl, tím více se mu zdálo, že zvolna otvírá oduševnělé oči, že se rty pohnuly k pozdravu, jako by život procítal jako líbezný květ a prohříval krásné údy.―186 „Měsíc, který právě vystoupil nad jejich koruny, jasně osvětloval mramorovou sochu Venuše, která tam stála na kameni těsně u břehu, jako by se bohyně právě byla vynořila z vln a nyní pozorovala, sama začarovaná, obraz vlastní krásy, zrcadlící se v opilé vodní hladině mezi hvězdami, které tiše rozkvétaly ze dna. ... Čím déle tam pohlížel, tím víc se mu zdálo, jako by pomalu otvírala své oduševnělé oči, jako by se rty chtěly pohnout k pozdravu, jako by život prokvétal coby líbezný zpěv jejími krásnými údy a zahříval je.―187
Der Mond, die Sonne der Nacht, zeigt Florio in seinem Licht das Marmorbild. Es wird scharf beleuchtet, aber gleichzeitig spielt sich ein Lichtspiel ab. Auf die Sonne weist uns das Adjektiv „scharf― hin, das Mondlicht ist also besonders hell. Es wird der Eindruck erweckt, dass die Statue zusammen mit dem Licht erschien. Sie soll sich nur im Mondlicht zeigen lassen. Sie betrachtet ihre Schönheit, für welche sie dem Mond danken kann, weil ohne ihn, gäbe es sie nicht. Das Marmorbild betrachtet sein eigenes Bild, das sich auf der Wasseroberfläche wiederspiegelt. Es zeigt eine Art von Selbstliebe. Zusammen mit ihr blühen 185
Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 536537. 186 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 16-17. 187 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 49-50.
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auch die Sterne. Das seltsame Licht beinflusst Florio und er glaubt die Statue wird zum Leben erweckt. Die Wiederholung des Wortes „als― am Anfang jedes Nebensatzes bildet das Polysyndeton und beteiligt sich am Klimax des Satzes. Im Text von B. Durych tritt der Mond in die Szene mit einem Schwung und beleuchtet das Bild scharf „ostře―, also erweckt er auch den Eindruck eines hellen - man kann es sich sogar unganehmen vorstellen - Lichtes. Scharfes Mondlicht können wir als Oxymoron bezeichnen. Die übliche Vorstellung vom Mondlicht ist hell, leicht leuchtend, schimmernd, aber auf keinen Fall scharf. Diese kontraststarke Verbindung mildert J. Munzar, welcher „hell― verwendet und dadurch die rhetorische Figur beseitigt. Die Wirkung des Mondes verliert sich ein wenig, weil er der Veranlasser ist und dank ihm Venus auf einmal zu sehen ist. Er wechselt auch die Perspektive, aus welcher die Statue gesehen wird. Im Original ist „am Ufer auf dem Stein― zu lesen, dagegen schreibt J. Munzar „auf dem Stein am Ufer, also „na kameni těsně u břehu―. Aus der sitilistischen Sicht ist dies eine glücklichere Formulierung. Es ist korrekter in diesem Kontext „na břehu― oder „u břehu― zu verwenden, man könnte diese für synonymische Ausdrücke halten, jedoch kommt noch eine lokale Bestimmung dazu „na kameni―. Die im Original erwähnte syntaktische Figur erscheint im Text von J. Munzar. Die Wiederholung der Konjunktion ähnlich wie bei Eichendorff intensiviert den Ausklang des Satzes. B. Durych verwendet zweimal „že―, einmal „jako by― und einmal „jako―. Mit „že― wird der Konjunktiv entfernt. Die Variierung zeigt die Möglichkeit es nicht zu wiederholen. Ein Charakteristikum der Novelle sind Gedichte, welche die Stimmung der jeweiligen Passagen im Text betonen. Das folgende Gedicht hört Florio nach der Flucht aus dem Schloss: „Vergangen ist die finstre Nacht, / Des Bösen Trug und Zaubermacht, / Zur Arbeit weckt der lichte Tag; / Frisch auf, wer Gott noch loben mag!― (J. von Eichendorff, S. 560) „Noc temná zašla v stíny hor, / kouzelné moci klamný sbor. / Povstává k práci jasný den. / Vzhůru, kdo chválíš Boha jen!― (B. Durych, S. 40) Už pominula temná noc, / klam ďábla i zlých kouzel moc, / do práce volá jasný den, / jen vzhůru, Bůh buď pochválen! (J. Munzar, S. 76)
Der Schwerpunkt des Verses liegt an seinem Ende. Die Verse werden mit Paarreime abgeschlossen. Der Aufbau des Liedes ist in zwei Teile geteilt und der Paarreim beteiligt sich am geschlossenen System. Der erste Teil befindet sich noch teilweise in der Nacht, die mit 49
dunklen Kräften verbunden ist. Im 3. und 4. Vers wird die Stimmung geändert. Wir können die Wende vom Dunklen ins Helle betrachten. Das Gedicht im Sinne der ganzen Novelle ist auch auf Kontrast aufgebaut. Das Gegenteil Tag und Nacht, das Gute und das Böse, der Gott und die Zaubermacht. Beide Übersetzungen reflektieren diese Kontraste und sogar den ganzen Aufbau. Der Sinn der einzelnen Verse bleibt unverändert. J. Munzar ist es gelungen den Schwerpunkt „die Nacht― am Ende des Verses zu behalten. Sowohl im Original als auch in seiner Übersetzung sind diese Wörter im Paarreim verbunden und bilden auf diese Art das Gegenteil zum folgenden Paarreim. Bei B. Durych geht dieser Aufbau verloren. Es ist ihm gelungen die Paarreime zu behalten, aber der Sinn der Reime ist verschwunden. Gleichzeitig ändert er damit die Bedeutung der Nacht. Die Nacht ist mit der Zaubermacht verbunden. Diese Bezeichnung der bösen Mächte schwächt die Darstellung der Nacht als die abgewendete Seite des Lebens ab. In der Übertragung von J. Munzar verschärft sich der Kontrast. Die Nacht ist mit dem Teufel verbunden und auch mit bösen Zaubermächten. Eichendorff verwendet in seinem Text das Wort „Teufel― nie. Das Böse stellt die Metapher für Venus und ihre Götter dar. Das Böse als allgemeine Wahrnehmung der Gegenkraft zum Guten hat J. Munzar durch ein konkretes Wort „Teufel― ersetzt und dadurch eine Metapher für die Venus neu gebildet. Das Gedicht weist eine steigernde Tendenz auf und der Klimax ist mit einem Ausrufezeichen unterstrichen. Die Aufforderung und die Kraft, die daraus hervorgehen, überwinden die ganze Macht der Nacht. Bei Eichendorff und bei B. Durych wird im letzten Vers mit dem Relativpronomen „wer― konkretisiert, wer den Gott lobt. J. Munzar verallgemeinert die Aussage und verändert die Aussage ein wenig, welche sich dem Biblischen „Gelobt sei Jesus Christus― nähert. Venus bildet den Kontrast zur heiligen Maria. Über das Ende der klassischen Welt und ihre Einflüsse singt Fortunato, der Vertreter der fröhlichen christlichen Dichtkunst.
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3.5 Fortunatos Lied Als die gespenstische Nacht vorbei war, war Florio von der heidnischnen zerstörenden Welt befreit. Er reitet jetzt weg von der Stadt begleitet von Fortunato, Bianca und ihrem Onkel weg. Fortunato wird gebeten über das Schloss und ihre Bewohner zu erzählen. Er kennt ein Lied darüber, das er im sonnigen Morgen singt:
Von kühnen Wunderbildern Ein großer Trümmerhauf, In reizenden Verwildern Ein blühnder Garten drauf.
„V půvabně zdivočelé zahradě leží teď ze soch smělých a krásných podivná trosek změť.
Ze smělých, krásných staveb jen sutin hromada, a na nich v nové slávě kvetoucí zahrada.
Versunknes Reich zu Füßen, Vom Himmel fern und nah, Aus andrem Reich ein Grüßen – Das ist Italia!
To říše pohroužená leží ti u nohou, vzdálená v nebi i blízká, již Italií zvou.
Dávný svět na vás dýše, smutný i krásný je, pozdravy z jiné říše, to je Itálie!
Wenn Frühlingslüfte wehen Hold überm grünen Plan, Ein leises Auferstehen Hebt in den Tälern an.
Líbeznou plání svěží jde jarních větrů tah. Začíná zmrtvýchvstání ve ztichlých nížinách.
Když vanou vánky jarní přes zelenavou pláň, nastává zrmtvýchvstání v údolích ze všech stran.
Da will sich’s unten rühren Im stillen Göttergrab, Der Mensch kann’s schauernd spüren Tief in die Brust hinab.
I v tichých hrobech bohů teď život rozeznáš, cítíš to divné chvění hluboko v hrudi až.
A počíná se hýbat i bohů tichý hrob, člověku úzko bývá z těch tajů dávných dob.
Verwirrend in den Bäumen Gehen Stimmen hin und her, Ein sehnsuchtsvolles Träumen Weht übers blaue Meer.
Ve stromech plaché hlasy zmateně hovoří a toužebné sny plují široko po moři.
Ve stromech vše se mění, zní hlasy sem a tam, vznáší se tiché snění přes modrý oceán.
Und unterm duft’gen Schleier, Sooft der Lenz erwacht, Webt in geheimer Feier Die alte Zaubermacht.
Vesna již z lože vstává v závoji jitřních par, tajemnou slavnost chystá plnou kouzel a čar.
A pod závojem z vůní, když vesna zavolá, vše ožívá a budí stará moc čarovná.
Frau Venus hört das Locken, Der Vögel heitern Chor, Und richtet froh erschrocken Aus Blumen sich empor.
I paní Venuše krásná radostný vzmáhá strach, vábena ptačí písní povstává v květinách.
A Venuši též láká jásavý ptačí zpěv, pak z květin brzy vstává bělostný její zjev.
Sie sucht die alten Stellen, Das luft’ge Säulenhaus, Schaut lächelnd in die Wellen Der Frühlingsluft hinaus.
Na stará místa se vrací v milých sloupový dům, s úsměvem hledí, jak vzduchem jde jaro, podobno snům.
Hledá ta místa stará, sloupový vzdušný dům, s úsměvem těší se z jara a oddává se snům.
Doch öd sind nun die Stellen, Stumm liegt ihr Säulenhaus, Gras wächst da auf den Schwellen, Der Wind zieht ein und aus.
Však pusto je nyní v těch místech, starý dům oněměl. Práh zarost, Vítr v trávě jak by se smutkem chvěl.
Teď pustá jsou místa stará, sloupový utihl dům, na prazích roste tráva, svist větru místo snů.
Wo sind nun die Gespielen? Diana schläft im Wald, Neptunus ruht im kühlen Meerschloß, das einsam halt.
Kde družky její jsou asi? Diana v lese spí snad. A Neptun v chladném moři snad si též pohoví rád.
Kde jsou teď druzi její? Diana v lese spí. Neptun v svém zámku sedí v tichém osamění.
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Zuweilen nur Sirenen Noch tauchen aus dem Grund, Und tun in irren Tönen die tiefe Wehmut kund. –
Občas je sirény z hloubky náhle se vynoří, mámivý hlas jich se snoubí se steskem na moři.
Občas ještě sirény se vynoří ze skal a šílenými zpěvy zvěstují velký žal.
Sie selbst muß sinnend stehen So bleich im Frühlingsschein, Die Augen untergehen, Der schöne Leib wird Stein. –
V myšlenkách sama tu stojí bledá i v záření jara. Oči jí hasnou a tělo kamení.
A ona musí státi tak bledá v zeleni, oko už lesk svůj ztrácí, tělo již zkamení. –
Denn über Land Wogen Erscheint, so still und mild, Hoch auf dem Regenbogen Ein andres Frauenbild.
Neb nad zemí v paprscích duhy tak tiše, jemně, jak sen, zjev jiné se objevil ženy, obrazu podoben.
Neb nad zemí a mořem teď rozlévá se zář, na duze na obloze je jiné ženy tvář.
Ein Kindlein in den Armen Die Wunderbare hält, Und himmlisches Erbarmen Durchdringt die ganze Welt.
Děťátko zázračné krásy v rukou jí prodlévá, milosrdenstvím nebe celý svět oblévá.
Děťátko ve svých pažích ta divotvorná má, nebeské slitování celý svět proniká.
Da in den lichten Räumen Erwacht das Menschenkind, Und schüttelst böses Träumen Von seinem Haupt geschwind.
Tu člověk k světlu se zdvíhá, setřásá těžký sen, procítá, čistým jasem k radosti probuzen.
A v tomto jasném světě pak člověk procitá, zlé sny z hlavy své střese, zlým kouzlům výhost dá.
Und, wie die Lerche singend, Aus schwülen Zaubers Kluft Erhebt die Seele ringend Sich in die Morgenluft.― 188
Zbavena tíhy kouzel i duše dá se v let a se skřivánčím zpěvem jde výškám závidět ...― 189
Zpívá jak skřivan v duchu a z temné propasti se do ranního vzduchu duše teď povznáší.190
Das Gedicht ist, wie die Novelle, auf dem Kontrast thematisch aufgebaut. Es hat 16 Strophen und jeder Strophe besteht aus 4 Versen. Das Reimschema ist regelmäßig gehalten, also es geht es um einen Wechselreim (a b a b). Die ersten zwei Strophen führen uns in den Raum ein. Wir befinden uns im Garten, der aber auf Trümmern der Bilder aufgebaut ist. Die Trümmer stehen da nicht allein, weil wir von Italia, dem Symbol der klassischen Zeit, gegrüßt werden. Der Frühlingsanfgang und seine Luft beleben alles und bringen uns zum Göttergrab. Das lyrische Ich, der Mensch, wird unruhig und beginnt zu träumen. Venus erwacht zum Leben und will in ihr Säulenhaus zurück. Die antiken Symbole häufen sich. Ihr Schloss ist leer, Neptun und Diana verweilen allein und schlafend. Nur die Sirenen kann man noch hören. Die Wende tritt in der 12. Strophe an. Der Frühling nimmt an Kraft zu und der Frühlingsschein verursacht ihr Ende. Sie wird von einer anderen Frau, von der heiligen Maria, überwunden. Ihr Bild erscheint auf dem Regenbogen. Die Venus war nur ein böser Traum und der Mensch ist befreit von den Zauberkräften.
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Eichendorff, Joseph von. Sämtliche Romane und Erzählungen. Düsseldorf: Albatros Verlag, 2007, S. 560561. 189 Durych, Bohuslav, Durychová, Marie. Mramorová socha a jiné novely. Olomouc: Velehrad, 1944, S. 40-42. 190 Munzar, Jiří. Šálení podzimu. Praha: Odeon, nakladatelství krásné literatury a umění, n.p., 1988, S. 76-78.
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„Von kühnen Wunderbildern / Ein großer Trümmerhauf, / In reizenden Verwildern / Ein blühnder Garten drauf. // Versunknes Reich zu Füßen, / Vom Himmel fern und nah, / Aus andrem Reich ein Grüßen – / Das ist Italia ! // (J. von Eichendorff, S. 560) „V půvabně zdivočelé / zahradě leží teď / ze soch smělých a krásných / podivná troska změť. // To říše pohroužená / leží ti u nohou, / vzdálená v nebi i blízká, / již Italií zvou. // (B. Durych, S. 40) „Ze smělých krásných staveb / jen sutin hromada, / a na nich v nové slávě / kvetoucí zahrada. // Dávný svět na vás dýše, / smutný i krásný je, / pozdravy z jiné říše, / to je Itálie! // (J. Munzar, S. 76)
Die erste und zweite Strophe sind durch keine Bewegung gekennzeichnet. Wir finden hier kein Verb außer im letzten Vers. Es werden Bilder vom Trümmerhaufen, vom blühenden Garten und vom vergangenen Reich angehäuft. B. Durych verbalisiert die Strophen mit dem Zustandverb „leží―. Es erscheint im zweiten Vers der ersten Strophe und wiederholt sich wieder im zweiten Vers der zweiten Strophe. So bildet er eine direktere Verbindung zwischen der ersten und zweiten Strophe und man kann jetzt die Trümmer als die Trümmer des versunkenen Reiches erkennen. J. Munzar verbalisiert erst die zweite Strophe. Es wiederholt sich das Verb „je― in der zweiten und dann in der vierten Strophe. Sie sind auch mit dem Reim verbunden. Trotz dem deutlichen Verhältnis zur vorigen Strophe durch das Verb „dýše― ist diese Strophe mehr in sich geschlossen. Die Darbietung von J. Munzar ändert das Reich in die vergangene Welt und die Welt ist nicht fern und nah vom Himmel, sondern sie ist traurig und schön. Die Metapher, dass das Reich mit ihrer Größe nah und mit ihrem Geist fern vom Himmel war, bleibt bei B. Durych behalten. Trotzdem wird in der gegensätzlichen Verbindung der existenzielle Ton bewahrt.
Wenn Frühlingslüfte wehen / Hold überm grünen Plan, / Ein leises Auferstehen / Hebt in den Tälern an. // Da will sich’s unten rühren / Im stillen Göttergrab, / Der Mensch kann’s schauern spüren / Tief in die Brust hinab. // (J. von Eichendorff, S. 560) Líbeznou plání svěží / jde jarních větrů tah. / Začíná zmrtvýchvstání / ve ztichlých nížinách. // I v tichých hrobech bohů / teď život rozeznáš, / cítíš to divné chvění / hluboko v hrudi až. // (B. Durych, S. 40-41) Když vanou vánky jarní / přes zelenavou pláň, / nastává zrmtvýchvstání / v údolích ze všech stran. // A počíná se hýbat / i bohů tichý hrob, / člověku úzko bývá / z těch tajů dávných dob. // (J. Munzar, S. 76.)
Die dritte und vierte Strophe bringen dunklere Töne in das Gedicht. Es kommt wieder die Polarität zum Ausdruck. Der Frühling kommt und die Landschaft wird nach dem Winter wieder belebt. Die Stimmung der feinen Brise über dem Land verursacht den milden Ton. Bei 53
J. Munzar werden sogar die gleichen Morpheme „vanou vánky― im ersten Vers gehäuft. Hier geht es also um die Paronomasie. Sie weckt aber auch die Toten zum Leben. Eichendorff schildert den Jahreszeitwechsel als leises Auferstehen. In beiden Texten wird diese Metapher als „zmrtvýchvstání― übertragen. Aber in beiden tschechischen Texten erscheint die Kondensierung des dritten und vierten Verses. Dadurch wird der vierte Vers um neue Bedeutungen erweitert. B. Durych verschiebt das Attribut „ztichlých― in den vierten Vers und es entsteht dadurch das Bild „das Auferstehen hebt in verstummten Tälern an―. J. Munzar fügt in den Vers die Bedeutung „von allen Seiten―. In der vierten Strophe wechselt B. Durych den Sinn des ersten und zweiten Verses und gleichzeitig gelingt es ihm nicht die Verbindung zwischen dem ersten und dritten Vers beizubehalten. Der erste und der dritte Vers sind im Reim verbunden. Wir können die Verben, die den Reim bilden, semantisch eins zu eins mit dem Original nicht vergleichen, aber der Sinn beider Verse bleibt unverändert.
Sie selbst muß sinnend stehen / So bleich im Frühlingsschein, / Die Augen untergehen, / Der schöne Leib wird Stein. - // Denn über Land und Wogen / Erscheint, so still und mild, / Hoch auf dem Regenbogen / Ein andres Frauenbild. // Ein Kindlein in den Armen / Die Wunderbare hält, / Und himmlisches Erbarmen / Durchdringt die ganze Welt. // (J. von Eichendorff, S. 561) V myšlenkách sama tu stojí / bledá i v záření / jara. Oči jí hasnou / a tělo kamení. // Neb nad zemí v paprscích duhy / tak tiše, jemně, jak sen, / zjev jiné se objevil ženy, / obrazu podoben. // Děťátko zázračné krásy / v rukou jí prodlévá, / milosrdenstvím nebe / celý svět oblévá. // (B. Durych, S. 42) A ona musí státi / tak bledá v zeleni, / oko už lesk svůj ztrácí, / tělo již zkamení. - // Neb nad zemí a mořem / teď rozlévá se zář, / na duze na obloze / je jiné ženy tvář. // Děťátko ve svých pažích / ta divotvorná má, / nebeské slitování / celý svět proniká. // (J. Munzar, S. 77-78)
Die 12. Strophe drückt den Untergang des Marmorbildes, der Venus, aus. Der Frühlingsschein nimmt ihr das Leben. Diese Metapher wird bei B. Durych durch ein Enjambement durchgeführt. J. Munzar modifiziert sie, bzw. er verwendet den Ausdruck „v zeleni―. Vergleichen wir es mit dem Ausdruck „zelenavou plání― in der 3. Strophe, können wir eine Bedeutungsverschiebung betrachten. Zuerst war die Landschaft grünlich, sie wurde erst grün. Jetzt ist sie aber grün und der Frühling nähert sich zu seinem Höhepunkt. Die 13. Strophe beginnt mit einem Konjunktiv, welcher auch in beiden tschechischen Texten zu lesen ist. Die Kausalität und der Schwerpunkt, warum die Venus untergeht, wird dann im 4. Vers deutlicher ausgedrückt. B. Durych verschiebt den Schwerpunkt in den 3. Vers. Das Symbol der anderen Frau wird bei J. Munzar hervorgehoben.
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Da in den lichten Räumen / Erwacht das Menschenkind, / Und schüttelst böses Träumen / Von seinem Haupt geschwind. // Und, wie die Lerche singend, / Aus schwülen Zaubers Kluft / Erhebt die Seele ringend / Sich in die Morgenluft. (J. von Eichendorff, S. 561) Tu člověk k světlu se zdvíhá, / setřásá těžký sen, / procítá, čistým jasem / k radosti probuzen. // Zbavena tíhy kouzel / i duše dá se v let / a se skřivánčím zpěvem / jde výškám závidět … (B. Durych, S. 42) A v tomto jasném světě / pak člověk procitá, / zlé sny z hlavy své střese, / zlým kouzlům výhost dá. // Zpívá jak skřivan v duchu / a z temné propasti / se do ranního vzduchu / duše teď povznáší. (J. Munzar, S. 78)
In der letzten Strophe überwiegen wieder lyrische Bilder ähnlich wie in den ersten zwei Strophen. Die Lerchen singen, die Zauberkräfte gehören der Vergangenheit an, der Morgen und ein neues Leben beginnen. So wird das Gedicht und damit der Bildungsprozess abgeschlossen. Die Strophe hängt zugleich mit dem Ende der Novelle eng zusammen, weil Florio und seine Freunde Lucca am Morgen verlassen, während Lerchen in der klaren Luft singen. Im Original erscheint explizit „Morgenluft―. Bei B. Durych finden wir das Eichendorffsche Symbol nicht, obwohl es sich aus dem Text deutlich ergibt, dass der Morgen ein wichtiger Teil des Tages ist. Das Symbol eines neuen Lebens erscheint indirekt in der vorletzten Strophe als „procítá―, „probuzen―. Der letzte Vers von B. Durych ist mit drei Punkten beendet. Sie evozieren eine Frotsetzung und kein Ende. In der Übertragung von J. Munzar erscheint „ranního vzduchu― im vorletzten Vers und dadruch wird der Zusammenhang mit Florios Werdegang behalten. Vergleichen wir die Texte aus der lexikalen Sicht, können wir feststellen, dass sie vom Original nicht stark abweichen. Im Gedicht überwiegen Substantiva, die die einzelnen Bilder, traumhafte Vorstellungen, darstellen. Sie werden dann mit Bewegungsverben wie „wehen―, „rühren―oder „emporrichten― ergänzt, die die epische Spur anders als im eindeutig lyrischen Gedicht unterstützen. Die Bewegegung wird durch Verben, die entweder Wahrnehmung oder Hör- oder Sichteindrücke wie „hören―, „spüren―, „hallen― hervorgehoben. Die Verwendung von Verben im Text steigert sich langsam. Die erste Strophe enthält keine. Das erste Verb erscheint erst in der zweiten Strophe und dann bilden sie regelmäßig den Satz, der sich über zwei Verse ausdehnt. Wobei sich in der 9. und 10. Strophe Verben konzentrieren. Dieses Lexikum ist mit dem Erwachen der Venus verbunden. Maria mit ihrem Kind stellt ein statisches Bild dar, das die ganze Welt aufnimmt. Die Adjektiva bilden weiter die kontrastive Wahrnehmung des Gedichtes. An die Venusgestalt knüpfen sich Attribute wie „bleich― aber auch „froh―, ihr Raum ist „öd―. Maria ist „still―, „mild― und „wunderbar―. Der Raum ändert sich in „licht―. Das Lexikum von B. Durych ähnelt dem Original. Trotzdem sehen wir eine Tendenz zur Abwechslung. Wenn Eichendorff das „Säulenhaus― wiederholt, sehen wir bei B. 55
Durych einmal „sloupový dům―, einmal „starý dům―. Die Substantiva „jaro―, „vesna―, „sen― „hroby bohů― und auch „jiná žena― stellen den Grund des lexikalischen Aufbaus des Gedichtes dar. Die 9. Strophe zeigt auch das dichteste Vorkommen der Verben. Das gilt nicht bei J. Munzar. Er tendiert die Verben regelmäßig zu benutzen. Betrachten wir die Substantiva, kommen wir zum ähnlichen Ergebnis wie bei B. Durych, also es kommen „jaro―, „Venuše―, „vesna―, „sloupový dům―, „jiné ženy tvář―, „sen―, „ranní vzduch― vor. „Sloupový dům― wiederholt sich regelmäßig im Text. Es erscheint jeweils im 2. Vers der 8. und der 9. Strophe und J. Munzar fügt zwischen die zwei Wörter einmal ein Adjektiv und einmal ein Verb. Im ersten Fall ist das Säulenhaus luftig, bei J. Munzar „vzdušný―. Das Original und auch die Übersetzung wirken auf die Phantasie, bzw. die Atributte tragen dazu bei, dass sich der Leser ein klassisches Gebäude vorstellt. In der 9. Strophe stellt Venus fest, dass das Säulenhaus leer geworden ist. J. Munzar setzt zwischen „sloupový― und „dům― das Verb „utichl―. B. Durych ändert zwar die Metapher in der 8. Strophe nicht, verwendet aber in der 9. Strophe „ein altes Haus―, wodurch die Metapher eines antiken Gebäudes verloren geht und eine andere Wiederholung entsteht.Venus sucht die alten Stellen und das alte Haus wurde stumm. Was den lexikalischen Aufbau beider tschechischen Texte betrifft, so können wir feststellen, dass sie dem Original sehr ähnlich sind. Der Eichendorffsche Syntax des Gedichtes neigt dazu einfache Sätze beigeordnet verbunden zu bauen, die in sich über zwei Verse dehnen. Sie werden dann überwiegend parataktisch verbunden, d.h. eine Strophe besteht aus einer parataktischen Satzverbindung, getrennt mit einem Komma. Die lyrische Sprache versinkt in eine regelmäßige Melodie eines Gesanges. Es sind keine Konjunktionen nötig, weil die Stimmung das Gedicht zusammenhält. Außer in den ersten drei Strophen wird sie in der 10., 13. und in der letzten Strophe unterbrochen. Das Satzgefüge kommt in der 10. Strophe zusammen mit einem Enjambement. Diese Strophe bildet einen Gegensatz zum Rest des Gedichtes, denn sie enthält im ersten Vers eine Frage. Die Strophe unterbricht den Gesang, welcher in der folgenden Strophe wieder erneut wird. Ein Verb erscheint am Anfang, in der Mitte, oder am Ende des Verses, wo es ein Reimpaar und einen semantischen Schwerpunkt bildet. Wie schon erwähnt, werden Verben in der 9. und in der 10. Strophe gehäuft, der epische Charakter dadurch gradiert. Das Gedicht steigert sich zu ihrem Höhenpunkt und es wird pro Vers ein Satz bestimmt. Im Antiklimax verlängern sich wieder die Sätze bis in die letzte Strophe, die aus einem Satz gebildet sind. B. Durych versucht den syntaktischen Aufbau einzuhalten, trotzdem finden wir bei ihm auch andere Lösungen, z. B. in der 8., 9. und 12. Strophe unterbricht er den regelmäßigen Aufbau mit Enjambement. Die Neigung zur Regelmäßigkeit unterbricht er in den Strophen, wo sich 56
das Gedicht zum thematischen Gipfel nähert. Die Stellung der Verben im Vers ist, ähnlich wie bei Eichendorff, unterschiedlich, aber wir können sagen, dass die Endstellung im Vers überwiegt. J. Munzar bemüht sich auch den regelmäßigen Liedrythmus beizubehalten. Seine syntaktische Besonderheit ist die Wiederholung des parataktischen Konjunktivs „a―. Sehr oft erscheint es am Anfang einer Strophe (4, 6, 7, 12, 15) oder am Anfang eines Verses in der Strophe (Strophe 1/ Vers 3, Strophe 8/Vers 4, Strophe 11/Vers 3, Strophe 16/Vers 2). Mithilfe „a― gewinnen seine Verse rythmischen Verlauf und rufen den Eindruck eines Liedes treu hervor. Das Vermaß des Originals entspricht einem Jambus. In den Versen wechseln sich 7 und 6 Silben regelmäßig und ohne Ausnahme, der 1. und der 3. Vers haben 7 Silben, der 2. und der 4. Vers haben 6 Silben. In den Versen wechselt sich die weibliche und mänliche Kadenz. Den einfachen Kreuzreim bilden reine Reime. Der Vers von B. Durych neigt zum tschechischen Jambus, also die Hebung realisiert sich an jeder geraden Silbe. Dies ist jedoch bei J. Munzar noch deutlicher zu sehen. B. Durych bemüht sich die Regelmäßigkeit der Silbenanzahl einzuhalten, jedoch gelingt es ihm nur in fünf Strophen. Da die Silbenanzahl schwankt, ist der Wechsel zwischen der weiblichen und mänlichen Kadenz unterbrochen, wie z. B. in der 8. Strophe. Man kann die Tendenz betrachten den Kreuzreim einzuhalten, aber in den Strophen 1, 4, 7, 8, 9, 12, 14, 16 kommt nur ein Reimpaar vor. In den restlichen Strophen sind reine und unreine Reime zu finden. Eine starke Nachahmung der Vorlagen ist bei J. Munzar zu sehen. Außer der 8. und 9. Strophen wechseln sich regelmäßig 7 und 6 Silben im Vers, also demtentsprechend auch die männliche und weibliche Kadenz. Der Kreuzreim wird ebenfalls in reine und unreine Reime bewahrt, außer in den Strophen 13 und 14, wo nur ein Reimpaar realisiert wird. Anhand der ausgewählten Aspekte des Gedichtes wurde gezeigt, dass sich sowohl die Übersetzung von B. Durych, als auch die von J. Munzar an den Originaltext anlehnen und ihm treu bleiben wollen. Die Eichendorffsche Lyrik ist nicht verloren gegangen, im Gegenteil: das Gedicht unterstützt das Ausklingen der ganzen Novelle, ihrer Motive, wie mehrmals erwähnt wurde, den Kontrast zwischen dem Heidnischen und dem Christlichen und auch die Alegorie auf die Klassik und die Romantik und die Spannung zwischen diesen zwei Epochen.
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4 Zusammenfassung Die vorgelegte Arbeit hat sich mit dem Vergleich und der Analyse unter ausgewählten Aspekten der zwei bis jetzt existierenden tschechischen Übersetzungen der Novelle von Joseph von Eichendorff Das Marmorbild beschäftigt. Die Texte wurden mithilfe gegenwärtigen Sprachhandbüchern unter Berücksichtigung der Sprache der Enstehung der Text erörtert. Beide Übersetzungen unterliegen der sprachlichen Situation, in welcher sie herausgegeben wurden. Sie unterscheiden sich deutlich in der grammatischen, lexikalischen uns stilistischen Ebene. Bohuslav Durych verwendet Sprachmittel, die in seiner Zeit noch lebhaft waren, die aber später veraltet geworden oder ausgestorben sind. Die Sprache der Novelle Mramorová socha von Jiří Munzar hat im ersten groben Vergleich einen morderneren Charakter. Man könnte sagen, dass man diese aus heutiger Sicht leichter lesen kann, weil die Sprache dem gegenwärtigen Leser näher ist. Das bedeutet aber nicht, dass der Text vereinfacht wurde, damit er lesbar wird. Im Gegenteil erfüllt er alle Ansprüche, die an die qualitativ hochwertige Übersetzung gestellt werden, was auch der Verlag, in dem das Buch herausgegeben wurde, und sorgfältige Redaktionsarbeit beweisen. Über die Herausgabe des Buches Mramorová socha a jiné novely haben wir keine Information, aber man muss gestehen, dass im Text trotz seiner guten Qualität, die Redaktion einen Anakoluth übersehen hat. Es war aber nicht Ziel der Arbeit darauf aufmerksam zu machen. Wir können beide tschechischen Texte als treu übersetzt betrachten. Die moderne Übersetzungswissenschaft hält diese Einstellung und vor allem die Art der Übersetzung als mangelhaft. Das Argument, dass jede Sprache ihre Grenze hat, ist zwar berechtigt, aber der Übersetzer eines Kunstwerks muss sich nicht um jeden Preis um originale, bzw. freie Übersetzung bemühen. Er sollte vor allem „seinen― Autor verstehen und dem Leser der Zielsprache seinen Stil dementsprechen vermitteln. Es ist die Kunst des Übersetzens. An dieser mag man nicht beurteilen, welche von den zwei Übersetzungen besser ist. Es war auch nicht das Ziel der Arbeit. Man wollte eher die differente Stelle der Texte zeigen, auf die unterschiedliche Lösungen und ihre Funktion im Text hinweisen.
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Schnell-Hornby, Mary. Übersetzungswissenschaft – Eine Neuorientierung: zur Integrierung von Theorie und Praxis. Tübingen; Basel: Francke, 1994. Scholze-Stubenrecht, Werner [Red.]. Duden, Redewendungen. Berlin: Bibliographisches Institut GmbH, 2013. Steiger, Emil. Poetika, interpretace, styl. Praha: Triada, 2008. Štícha, František. Akademická gramatika spisovné češtiny. Praha: Academia, 2013. Weschta, Friedrich. Eichendorffs Novellenmärchen „Das Marmorbild“. Prag: Druck und Verlag von Koppe-Bellmann, 1916.
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